Leidenschaftlicher Bürger und Sozialdemokrat

OLOF PALME Vor 25 Jahren wurde der schwedische Sozialdemokrat ermordet. Nun erscheint eine monumentale Biografie

Olof Palme war einer der charismatischen sozialdemokratischen Persönlichkeiten der Nachkriegszeit. Geboren 1927, war der gut ausgebildete Schwede bereits als Student politisch sehr aktiv und bot den nach den Ostblockstaaten ausgerichteten Gruppierungen auf internationalen Konferenzen die Stirn. Palme stammte aus einer bürgerlich-konservativen Familie und wurde dennoch 1969 Chef der sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Von 1969 bis 1976 war er Ministerpräsident Schwedens, von 1982 bis 1986 regierte er ein zweites Mal. Am 28.Februar 1986 wurde er auf offener Straße in Stockholm erschossen. Er war mit Frau Lisbet und ohne Leibwächter im Kino gewesen.

Der Mord schockierte die Öffentlichkeit. Die schwedische Polizei war nie in der Lage, die Tat zweifelsfrei aufzuklären. Der Premier hatte viele Gegner, auch im Polizeiapparat. Palme war ein Freund der Dritten Welt, warb für Abrüstung und betrieb in Schweden eine aktive Steuerpolitik zugunsten eines starken Wohlfahrtsstaats. Konservative konnten ihn auch wegen seiner Kritik an den USA und dem Vietnamkrieg oder seinem Eintreten für eine Gleichstellung von Mann und Frau nicht ausstehen. In manchen Positionen glich er tatsächlich der Neuen Linken. Gleichwohl blieb er dem demokratischen Kapitalismus verpflichtet. „Mit begrifflichen Präzisierungen gab es für die Sozialdemokraten wenig zu gewinnen“, schreibt sein Biograf, der schwedische Journalist Henrik Berggren. „Die wahre Voraussetzung für ihren langen Machterhalt bestand darin, dass es der Partei gelungen war, die Wähler davon zu überzeugen, dass man Gleichheit und soziale Gerechtigkeit erreichen konnte, ohne die Marktwirtschaft und das Recht auf privates Eigentum aufzuheben.“

Berggrens Palme-Biografie wurde in Schweden zum Bestseller. 25 Jahre nach dem Attentat scheint das Interesse an den berühmten Sozialdemokraten neu erwacht. Palmes kämpferische Sozialdemokratie ließ zwar Atomkraftwerke errichten (man glaubte, damit tatsächlich die Umwelt zu schützen!), war aber auch offen für Visionen, die sich mit Begriffen wie dem des „demokratischen Sozialismus“ verbanden. Berggren, leitender Redakteur der Zeitung Dagens Nyheter, verwebt in seinem dicken Buch die schwedischen Ereignisse konsequent mit der weltpolitischen Lage. Sozialdemokratische Politik in Zeiten des Kalten Kriegs – anhand Palmes Biografie ist das so leicht und spannend zu lesen wie ein guter schwedischer Krimi. ANDREAS FANIZADEH

Henrik Berggren: „Olof Palme. Vor uns liegen wunderbare Tage. Die Biographie“. Aus dem Schwedischen von Paul Berf und Susanne Dahmann. btb, München 2011. 720 Seiten, 26,99 Euro