schurians runde welten
: Sylvester in Adiletten

„Die Rückschläge sehe ich nicht so eng.“ (Thorsten Legat)

Wenn Fußballer frei haben, kommen sie nur auf dumme Gedanken. So gesehen muss sich Torhüter Sascha Kirschstein freuen, dass die Trainingspause endlich vorbei ist. Wie Boulevardblätter berichten, soll der Keeper des Hamburger Sportvereins recht ungestüm auf Kratzer an seinem 6er BMW reagiert haben. Mit seinen Eltern und seiner Freundin habe Kirschstein eine Weihnachtsparty besucht. Als die Gruppe um drei Uhr morgens mit dem Taxi zurückkehrte, sei Kirschsteins neuer Schlitten mit Hakenkreuzen verunziert gewesen. Der Verdacht fiel direkt auf einen Ex-Bekannten. Ohne zu zögern, besuchten sie Raul H. mitten in der Nacht. Sprachen sich aus, bis der mutmaßliche Autoschänder eine blutige Oberlippe davon trug und am nächsten Tag Anzeige erstattete. Der Torwart schweigt nun zum „schwebenden Verfahren“ – übrigens wird vermutet, Kirschsteins Freundin Danijela habe Raul H. ins Gesicht getreten.

Ähnlich wie die Kirschsteins verhielt sich in einer Winterpause irgendwann in den 1990ern Jahre Thorsten Legat, seinerzeit Vertragsspieler beim VfB Stuttgart. Der gebürtige Bochumer verbrachte die Sylvesternacht bei seiner Familie und geriet in Streit mit einem Nachbarn, dessen Oberlippe auch etwas ab bekam. Ob einen Tritt von Legat, der an diesem frostigen Abend nur Adiletten getragen haben will, ob der Nachbar sich an dem Fußballprofi rächen wollte, ich weiß es nicht mehr. Nur das noch: Um eine gute Ausrede zu haben, telefonierte Legat noch in der Nacht mit dem VfB-Manager, wünschte viel Glück fürs neue Jahr und fügte clever hinzu, gerade hielte er sich in Stuttgart auf.

Heute ist Legat Fußballtrainer, hat eine gute Hinrunde mit dem Aufsteiger Werner SV gespielt. Dass man dem passionierten Bodybuilder aber besser immer noch nicht in die Quere kommt, zeigt ein Kommentar in der Lokalzeitung. „Wenn Legat sich vor einem aufbaut“, schreibt der Kollege, als hätte er es selbst erlebt. Weiter: Wenn Legat sich „einen Spieler zur Brust nimmt, sind kaum Widerworte zu erwarten“. Fast beginnt das Schriftbild zu zittern, der Schreiber berichtet hernach von Legats Ehrgeiz, weiß von Stürmern, die der Coach nach 15 Minuten wieder vom Platz nahm, von der abgekanzelten Mittelfeldreihe. Man bekommt schon Angst um den Schreiberling, denkt an die vielen gefolterten, verschleppten Journalisten.

Der Lokalreporter offenbar auch. Er kriegt die Kurve: Legat habe seine Erwartungen auf ein „gesundes Maß“ zurückgeschraubt, und der Erfolg gebe ihm Recht. Ach ja, der Werner SV samt Legat versucht sich gerade in der – Landesliga, das ist fünfte Spielklasse. Angst. CHRISTOPH SCHURIAN