Verflüssigter Müll aus Neapel landet im Mittelmeer

SKANDAL Ehemalige kampanische Spitzenbeamte sollen jahrelang Abfall illegal entsorgt haben

NEAPEL dpa | Italienische Fahnder haben einen besonders schwerwiegenden Umweltskandal rund um Neapel aufgedeckt: Jahrelang soll dort unbehandelter Stadtmüll direkt ins Mittelmeer gelangt sein und große Teile der Küste bis in das weit südlicher gelegene Salerno verschmutzt haben. Die Staatsanwaltschaft in Neapel ließ nach langen Ermittlungen am Freitag insgesamt 14 Verdächtige festnehmen, darunter befinden sich auch mehrere frühere Spitzenbeamte der süditalienischen Region Kampanien.

Insgesamt wird bereits gegen 38 Personen ermittelt. Das berichten italienische Medien. Vorgeworfen wird ihnen Betrug und Verbrechen an der Umwelt. Den Ermittlern zufolge hatten hohe Beamte und Betreiber von Kläranlagen über Jahre hinweg vereinbart, verflüssigten Stadtmüll aus der Gegend ohne ökologische Aufarbeitung in das Mittelmeer zu leiten. In der Region ist auch die Mafia stark im Müllgeschäft aktiv, die nur von den illegalen Entsorgungswegen profitiert – ihr Hauptgeschäft ist die Entsorgung giftiger Schlacken, die sie in ganz Europa einsammelt und dann heimlich zu Hause vergräbt. In ganz Italien verschwinden so nach Schätzungen des Umweltverbands Legambiente an die 13 Millionen Tonnen Müll.

Unter den Beschuldigten sind auch der Ex-Präsident der Region Kampanien, Antonio Bassolino, der frühere Generaldirektor des Umweltministeriums, Gianfranco Mascazzini, und der ehemalige kampanische „Müllkommissar“, der Präfekt Corrado Catenacci. Letzterer war 2004 von der Regierung in Rom in die Region geschickt worden, um das damals schon bestehende Abfallproblem zu lösen.

Die Absprachen sollen in der Zeit der großen Müllkrise in Neapel etwa von 2006 bis 2008 getroffen worden sein, berichteten die Ermittler. Die Millionenstadt Neapel produziert täglich 1.500 Tonnen Müll, fünfmal so viel fällt in Kampanien insgesamt an.