Mission Begeisterung

Auf den ersten Blick überrascht diese Verpflichtung. Denn Erfahrung als Head Coach im Profibereich hat Hamed Attarbashi, der neue Cheftrainer der ebenso neuen Hamburg Towers, keinerlei – so rasch wie möglich in die 1. Liga führen soll er das Team trotzdem.

Bekannt ist der 37-Jährige für seine Jugendarbeit, und in seiner Trainer-Laufbahn hat er schon so einige Talente zu Profis oder sogar Nationalspielern ausgebildet. Insofern entspricht er der Philosophie der „Türme“, die jungen Hamburger Nachwuchshoffnungen eine Perspektive im Profi-Basketball ermöglichen wollen.

Und: Attarbashi hat sechs Jahre Übung als Co-Trainer in der 1. Liga, zuerst in Paderborn und zuletzt in Bremerhaven. Er mag noch jung sein, aber das sind auch Geschäftsführer Pascal Roller, ebenfalls 37, und der Sportliche Leiter Marvin Willoughby, 35. Die beiden Macher der Towers kamen in ihrer Karriere zusammengenommen auf 589 Bundesligaspiele – an Erfahrung mangelt es also nicht.

Der Deutsch-Iraner Attarbashi ist ein echter Hamburger Jung. Als 16-Jähriger trainierter er seine erste Mannschaft, später folgten Stationen unter anderem bei den BCJ Tigers: Als Jugendkoordinator und Trainer der Regionalmannschaft erlebte er vor zwölf Jahren aus nächster Nähe mit, wie der letzte Hamburger Basketball-Bundesligist Insolvenz anmelden musste. Wenig später verabschiedete er sich dann zwar erstmal, aber der Kontakt brach nie ab.

Identifizieren kann sich Attarbashi also hundertprozentig mit der Stadt, seinem neuen Job und dem betont nachhaltigen Konzept der Towers. „Identifikation“ ist ein Wort, das der neue Cheftrainer oft benutzt – keine unwichtige Sache für einen Klub ohne Geschichte, die auch bei der Zusammenstellung des Kaders zum Tragen kommt.

„Wir müssen mit viel Demut und Bescheidenheit, aber auch viel Enthusiasmus und Hunger in unsere erste Saison gehen“, sagt Attarbashi. Ziel sei es, „bestmöglich“ abzuschneiden, anfangs werde man nicht täglich auf die Tabelle schielen. Druck verspüre er nicht, sagt er, sei vielmehr „positiv angespannt“.

Ohnehin verfolgt der Klub ein noch größeres Ziel als den sofortigen Aufstieg: Die Towers wollen eine Inspiration für junge Spieler und Trainer „direkt vor der Haustür“ werden. Attarbashi will dazu Jugend-Camps und Schulkooperationen vorantreiben und auch bei dem Sozial- und Sportprojekt „Inselakademie“ im lange vernachlässigten Stadtteil Wilhelmsburg aktiv sein. Kurz: Er will Begeisterung entfachen, sodass der Basketball die Stadt erobert. Dazu passt seine aktuelle Bettlektüre: eine Biografie von Dschingis Khan.  MIKE LIEM