Sekt für neue Freunde

Eine Gruppe des Deutschen Gewerkschaftsbunds in NRW will das Verhältnis zwischen FDP und Gewerkschaften verbessern. Und erntet Kritik von den Liberalen und aus den eigenen Reihen

VON JULIA GROTH

Der breite Graben zwischen FDP und Gewerkschaften scheint in NRW derzeit schmaler zu werden. Als Hauptredner für ihren gestrigen Neujahrsempfang hat die Ortsgruppe Radevormwald des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) den nordrhein-westfälischen FDP-Generalsekretär Christian Lindner eingeladen. „Es ist Zeit, dass sich die Gewerkschaften und die FDP einander annähern“, sagt der Vorsitzende der Ortsgruppe, Henry Betz. Man müsse eingefahrene Strukturen aufbrechen und sich gemeinsam darum bemühen, Arbeitsplätze zu schaffen.

Erst im Frühjahr vergangenen Jahres hatte sich das traditionell durchwachsene Verhältnis zwischen den Liberalen und dem DGB dramatisch verschlechtert. Der Gewerkschaftsbund lud den FDP-Bundesfraktionsvorsitzenden Guido Westerwelle von seinem Bundeskongress aus, nachdem Westerwelle gegen die Gewerkschaften als „wahre Plage in Deutschland“ polemisiert hatte. Auch in NRW gab es von liberaler Seite schon harte Worte gegen die Gewerkschaften. Der jetzige Innenminister Ingo Wolf machte vor der Landtagswahl 2005 Gewerkschaftsführer wie den DGB-Bundesvorsitzenden Michael Sommer persönlich für den Verlust von Arbeitsplätzen verantwortlich.

Die Zeiten haben sich geändert. Westerwelle kündigte auf dem Dreikönigstreffen der Liberalen am Samstag an, Sozialpolitik größer schreiben zu wollen. Und Christian Lindner ist mit dabei. Bereits seit einiger Zeit fordert der 28-Jährige von seiner Partei, das Verhältnis zu den Gewerkschaften zu normalisieren. „Wir dürfen die Gewerkschaften nicht der Linkspartei.PDS überlassen“, sagt er. Bei seiner Neujahrsrede betonte er, dass man miteinander ins Gespräch kommen müsse, wenn man Gemeinsamkeiten finden wolle.

Für Henry Betz ist Lindner der Vertreter eines neuen, jungen Flügels der FDP, mit dem eine Zusammenarbeit möglich sein könnte. Vergessen sei Ingo Wolfs Affront gegen die Gewerkschaftsbosse nicht, sagt Betz. „So etwas darf man nicht vergessen.“ Aber Wolf gehöre eben noch zu einer anderen Generation liberaler Politiker. Ganz vertrauensvoll gegenüber einer Zusammenarbeit mit der FDP ist Betz dennoch nicht. „Vielleicht müssen wir auch in einem Jahr sagen: Wir haben es versucht, aber es hat nicht geklappt, weil wir zu unterschiedliche Ideen haben“, sagt er.

Lindner gibt sich optimistisch. „Es ist ein Anfang, auch wenn das Trennende noch die Gemeinsamkeiten überwiegt.“ Allerdings hätten einige seiner Fraktionskollegen Bedenken geäußert, dass die FDP möglicherweise ihre Positionen verriete, wenn sie sich den Gewerkschaften annähert. Und auch beim DGB in Radevormwald sind nicht alle glücklich mit dem neuen Bekannten. Einige Mitglieder haben sich beim Vorstand des DGB-Regionalverbands über den liberalen Festredner beschwert. Und sind aus Protest nicht zum Neujahrsempfang gekommen.