„Stoiber hat ein Problem mit Frauen“

Die CSU-Landrätin Pauli bekräftigt ihre Forderung, dass der bayerische Ministerpräsident nicht mehr kandidieren soll

taz: Frau Pauli, die Ministerinnen Stewens, Merk und Müller haben Sie in einer Pressemitteilung kritisiert, weil Sie in einem Interview gesagt haben, dass Edmund Stoiber ein Problem mit Frauen habe. Die drei Damen erwiderten, er mache gute Frauenpolitik. Teilen Sie diese Ansicht?

Gabriele Pauli: Ich schätze die Ministerinnen sehr. Aber ich denke, dass sie sich in der Art geäußert haben, weil sie vom Ministerpräsidenten abhängig sind. Es kann nicht deren Meinung sein, dass wir in Bayern und der CSU schon genug für die Frauen getan haben. Ich weiß, dass die Frauen-Union immer wieder fordert, mehr Frauen in die Gremien zu holen. Deshalb ist diese Aktion der Ministerinnen zwar erklärbar, aber inhaltlich nicht richtig. Außerdem habe ich aber ohnehin etwas anderes gesagt, nämlich dass Stoiber ein Problem mit Frauen in der Politik hat, die sich kompetent und auf Augenhöhe einbringen.

Wie Frau Merkel? Oder Sie?

Mit Frauen in politischen Führungspositionen. Ich habe das Gefühl, dass es deshalb so lange gedauert hat, bis ich einen Gesprächstermin bei ihm bekommen habe. Seit 30 Jahren bin ich in der Partei, seit 18 Jahren im CSU-Vorstand und seit fast 17 Jahren Landrätin. Und er sagt zu mir: „Sie sind nicht wichtig.“ Eigentlich müsste man mich wegen meiner Verankerung in der Partei, wegen meines Werdegangs aber doch sehr ernst nehmen.

Ist die CSU patriarchalisch organisiert?

Da ist in den Köpfen einzelner CSUler noch ein traditionelles Rollenverständnis vorhanden. Manche haben ein Problem mit politisch engagierten Frauen, die auf gleichem Niveau mitreden und sich mindestens so kompetent einbringen wie sie. Es ist aber ein Fehler, diese Frauen nicht ernst zu nehmen.

Ihr Thema lautet „Stoiber muss weg“? Wer unterstützt Sie eigentlich derzeit?

Wir brauchen 2008 einen neuen Ministerpräsidenten. Dafür bekomme ich viel Zustimmung über E-Mails und Briefe. Allein zwischen Weihnachten und Neujahr habe ich 2.000 Mails erhalten. Und auch das, was ich aus den Medien erfahre, spornt mich an, weiterzumachen.

Sind denn bei den Mails keine rüden Attacken gegen Sie dabei?

Ganz wenige. Die meisten sind so formuliert: „Machen Sie weiter!“ oder „Das ist gut, was Sie machen!“ Auch aus der CSU kommt viel Unterstützung. Diese große Gruppe in der Partei von jetzt schon 45 Prozent kann man doch nicht überhören oder zum Schweigen verdonnern! Wir brauchen eine Diskussion in der Partei über den Weg, wie man einen neuen Spitzenkandidaten für die kommende Landtagswahl bestimmt.

Ist es also ein Zeichen von Angst, wenn die CSU-Führung Edmund Stoiber möglichst bald als Spitzenkandidat benennen möchte?

Ja. Definitiv.

Ihren Parteiausschluss wollte man ja nicht wagen. Aber hat man Ihnen vielleicht nahe gelegt, von alleine zu gehen, aus der Partei auszutreten?

Nicht persönlich. Was ich höre, kommt über die Medien.

Sind Ihre Kritiker feige?

Warum die mich nicht direkt ansprechen, kann ich nicht sagen. Wenn die Sachargumente ausgehen, weicht man eben auf anderes aus. In meinem Fall: Persönliches. Die Staatskanzlei hat versucht, mir etwas „anzuhängen“ mit dem einzigen Zweck: Ich soll meine Forderung zurücknehmen. Dann wurde mir der Parteiausschluss angedroht, dann wieder unterstellt, ich wolle mich nur profilieren. Ich bleibe aber dabei: Stoiber soll 2008 nicht mehr antreten!

Am heutigen Montag berät das Präsidium der CSU über die von Ihnen geforderte Mitgliederbefragung. Sehr wahrscheinlich wird es das ablehnen. Wie machen Sie dann weiter?

Ich denke, die Partei wird es sich nicht bieten lassen, dass im Eilverfahren knapp zwei Jahre vor der Landtagswahl entschieden werden soll, mit wem die CSU ihren Wahlkampf führt. In anderen Parteien bestimmen das Parteitage. Das sollte in der CSU auch so sein! Der Parteitag sollte bei seiner Entscheidung aber auch die Meinung der Basis kennen, deshalb ist eine Mitgliederbefragung sinnvoll. Für den Kleinen Parteitag bereite ich einen entsprechenden Antrag vor.

Haben Sie dafür schon Unterstützung gesammelt?

Der Antrag steht demnächst auf meiner Homepage, dann können sich einzelne Parteigremien anschließen. Je mehr mitmachen, desto besser wirkt er.

Was passiert, wenn der Antrag angenommen wird?

Der wird nur angenommen, wenn viele aus der Partei hinter diesem Antrag stehen. Beim Kleinen Parteitag sitzt wieder nur ein enger Führungskreis der Partei zusammen, und der ist schwer zu überzeugen. Es sei denn, die Delegierten fühlen den starken Willen der Basis! Wenn das passiert, muss sich Stoiber einer Umfrage bei den Mitgliedern stellen und sehen, ob er den Rückhalt hat, den er zu haben denkt.

Nach derzeitigem Stand wäre er der einzige Kandidat. Stellen Sie sich dann zur Wahl?

Jeder aus der CSU kann antreten, wenn er Unterstützung findet. Es bewegt sich die Kandidatenfrage dann nicht mehr im kleinen Kreis, wie bisher, wo die Fraktion über den Kandidaten entschieden hat.

Sie weichen aus. Werden Sie bei einer Urwahl gegen Stoiber antreten?

Ich werde im Jahr 2008 kandidieren – für das Amt der Landrätin des Landkreises Fürth.

In der Basis hört man: „Was sollen wir machen? Wir haben doch nur Stoiber!“

Das kann ich gar nicht glauben! Wir sind so eine große Volkspartei, da gibt es genügend gute Nachfolger. INTERVIEW:
DOMINIK SCHOTTNER