Kunstrundgang: Tim Ackermann schaut sich in den Galerien von Berlin um
Was hat Marina Cvetanovska eigentlich gegen die mazedonische Post? Materialien wie Paketband oder Briefmarken verarbeitet die Künstlerin zu respektlosen Collagen. Eines ihrer Werke, das zurzeit im Prima Center Berlin hängt, zeigt die Europaflagge. Der blaue Untergrund besteht aus unzähligen gestempelten Daten. Eine expressive Stempel-Orgie als Gegenpol zum Klischee des drögen Postbeamten. Doch es steckt mehr dahinter: Der Stempel ist auf 2013 vordatiert – dem Jahr in dem Mazedonien in die europäische Gemeinschaft aufgenommen werden soll. Auf dem Kunstwerk kleben Briefmarken, die den Buchstaben „R“ für „Return to Sender“ tragen. Ist das schon offene Europaskepsis der Künstlerin oder nur die Angst vor einer Zurückweisung durch die Staatengemeinschaft? Auf Letzteres deutet zumindest eine Briefmarke hin, die Cvetanovska aus ihrem eigenen Porträt angefertigt hat. Die Zahl „0“ zeigt es an: Die Marke hat keinen Wert.
Wenig wertschöpfend ist auch die Arbeit von Klaus Schuster: Der Künstler fertigt von bestehenden Objekten am Computer 3-D-Modelle an, die er dann als Fotografie ausdruckt. Die Designs sind, da Reproduktion, quasi wertlos, der Weg zum Foto wegen der akribischen Arbeit kaum effektiv. Dafür bestechen seine Bilder durch ihre makellose Computerästhetik. Gezeigt werden Schusters Bilder in der Ausstellung „Friends“ im Digital Art Museum. Für die Schau haben die Künstler der Galerie sechs Künstlerfreunde eingeladen. Neben Schuster fallen Olaf Holzapfel, der japanische Stadtpläne in digitale Linien- und Flächenmuster umwandelt, sowie Georg Zey, der Filme am Computer animiert, ins Auge. In Zeys „rotate“ dreht sich erst der Kaffeelöffel in der Tasse um sich selbst, dann die Tasse, der Tisch, der Stuhl, das ganze Zimmer. Ein schönes symbolisches Filmchen über den Wahnwitz der Welt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen