„Du bist nie zu dünn“

Spanien sperrt eine Internetseite, die zur Magersucht anstachelt. Hilft Zensur gegen „Pro-Ana“?

„Dünn sein ist wichtiger als gesund sein“, lautet eine von Anas heiligen Regeln. Ana ist keine reale Person, sondern ein Kunstprodukt der „Pro-Ana“-Bewegung, deren meist jugendliche Anhängerinnen Anorexia nervosa nicht als Krankheit betrachten, sondern als erstrebenswerten Lebensstil – und Ana als ihre beste Freundin.

In Online-Foren geben sich Anas Jüngerinnen unter Pseudonymen wie „Skinnygirl“ Tipps, wie sich der Body-Mass-Index unter die kritische Grenze von 17,5 drücken lässt: „Falls du hungrig bist, schlag dir in den Magen“, lautet ein Vorschlag. Oder: „Lackier dir die Fingernägel, dann kannst du die Hände erst mal nicht zum Essen benutzen.“

Die spanische Gesundheitsbehörden geht nun in die Offensive und hat eine Magersucht-Seite im Netz sperren lassen, wie die britische Times berichtet. Die Begründung: Die Seite sei gesundheitsgefährdend, Jugendliche, die sich an die Vorgaben der Internetseite hielten, könnten sogar sterben.

Die Seitenbetreiber hatten einen perfiden Wettbewerb namens „The Great Ana Competition“ veranstaltet. Punkte erhielt, wer möglichst wenige Kalorien zu sich nahm. 850 Kalorien pro Tag erbrachten 1 Punkt, 150 Kalorien 9 Punkte, den ganzen Tag gar nichts zu essen 10. Nach zwei Wochen sollt es eine Siegerurkunde für die beste Hungerkünstlerin geben. Die Behörde kam dem zuvor.

Doch mit dem Holzhammer der Zensur ist den Pro-Ana-Seiten wohl kaum beizukommen. Im Internet findet sich immer wieder ein Platz für zweifelhafte Inhalte. Auch wenn große Anbieter wie Yahoo oder MSN schon seit mehreren Jahren Foren, die zur Magersucht anstiften, schließen: Adressen kann man leicht ändern. Bei Dünnen-Foren beliebt sind Domains mit der Endung .tk für Tokelau oder .vu für Vanuatu. Über die Seiten dieser Kleinstaaten betreiben auch halblegale bis illegale Dateitauschbörsen oft ihre Geschäfte.

Vielversprechender erscheint es da schon, sich den „Thinspirations“ zu widmen, wie Pro-Ana-Jüngerinnen ihre Vorbilder nennen. Mager-Models wie Kate Moss und ausgedünnte Promis wie Victoria Beckham. Auch hier ist Spanien Vorreiter: Im September hatten die Madrider Behörden magersüchtige Models mit einem Body-Mass-Index unter 18 vom Laufsteg verbannt. Zumindest auf dem Laufsteg hat Ana immer weniger Freundinnen. WOLF SCHMIDT