Das ist gemein!

RWE, Eon und Landesregierung kämpfen gemeinsam gegen die EU: Sie kritisieren ihren Vorschlag, Kraftwerks- und Netzbetreiber zu trennen. „Das kommt einer Enteignung gleich“, sagt RWE

von ANNIKA JOERES

Die Landesregierung will Nordrhein-Westfalens Energiewirtschaft vor der EU retten: „Wir werden alles daran setzen, Radikalmaßnahmen zu verhindern“, sagte NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU). Die gestern von der europäischen Kommission vorgeschlagene Abspaltung der Energiekonzerne von ihren Gas- und Stromnetzen sei eine „ungeeignete Zwangsmaßnahme.“ Thoben hofft auf den Einfluss des „Energielandes Nummer 1“ auf die Abstimmung des Vorschlags im März: „Der Bund wird die Interessen Nordrhein-Westfalens erfolgreich vertreten“, sagte Thoben.

„Diese eigentumsrechtliche Trennung kommt einer Enteignung gleich“, sagt Harald Fletcher, Sprecher von RWE. Sie stoße sehr schnell an europa- und verfassungsrechtliche Grenzen. Ob sein Konzern juristisch gegen ein entsprechendes Gesetz vorgehen werde, kann Fletcher noch nicht kommentieren. Er glaubt aber, dass sich Deutschland und Frankreich noch in Brüssel durchsetzen werden. Der Eon-Konzern will sich noch nicht zum EU-Vorschlag äußern. Das Thema werde noch zu „heiß gekocht“.

Ministerin Thoben fordert jedenfalls „marktgerechte Lösungen.“ Der nordrhein-westfälische Markt ist schnell umrissen: Die Düsseldorfer Eon AG und die Essener RWE gehören zu den weltweit führenden Energiekonzernen und neben Vattenfall und Enbw zu den vier größten deutschen Unternehmen. Über ihre Kraftwerke stellen sie die Energie her, die sie über ihre eigenen Netze vertreiben. Dieses Doppelgeschäft will die EU in Zukunft verhindern.

„Das ist eine industrielle Revolution“, sagt Oliver Geden von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik. Er forscht zur Zukunft der europäischen Energieversorgung. Und Christoph Weber, Energiewirtschaftler an der Universität Duisburg-Essen, sieht erhebliche „Änderungen der Konzernlandschaft im Land“ voraus, sollten die Pläne von der EU-Komission tatsächlich durchkommen. „Einen solchen Fall der Enteignung hat es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben“, sagt Weber. RWE und Eon müssten sich dann entscheiden, ob sie Kraftwerke oder die Netze betreiben wollten. „Wahrscheinlich würden sie sich für die wettbewerbsintensiven Kraftwerke entscheiden“, glaubt der Wissenschaftler. Bis dahin aber würden Eon und RWE sicherlich alle rechtlichen Mittel ausschöpfen. „Das kann sich über Jahre hinziehen.“

Auf europäischer Ebene haben die beiden Global Player aus NRW offenbar wenig Einfluss. „In Brüssel sind sie nicht gut im Rennen“, sagt Oliver Geden. Die Energiekonzerne lägen mit der Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes über Kreuz. Zu mächtig seien die Gegenspieler in Europa: Großbritannien zum Beispiel kämpfe nach der Liberalisierung seines Energiemarktes entschieden für eine Spaltung der Konzerne. „Das ist ein ideologischer Kampf“, sagt Geden.

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