Notruf nach Berlin

Schröder wollte Holzmann retten, Merkel soll BenQ helfen: Betriebsrat der insolventen Siemens-Handysparte fordert mehr Engagement vom Bund, um Jobs und Technologie im Land zu halten

VON A. FLORIÉ
UND M. TEIGELER

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) soll den 2.000 BenQlern in Bocholt und Kamp-Lintfort helfen. Um die Pleite der früheren Siemens-Handysparte doch noch abzuwenden, fordert BenQ-Betriebsratschef Michael Leucker mehr Engagement vom Bund: „Es geht nicht nur um die Zukunft der Standorte in NRW, sondern auch um die deutsche Zulieferindustrie, die noch einmal so viele Arbeitsplätze verliert wie bei BenQ selbst.“

Ausdrücklich nannte Leucker das Beispiel Philipp Holzmann. Bei dem Baukonzern habe sich der Bund in einer existenziellen Situation ebenfalls eingeschaltet, so der Arbeitnehmervertreter. 1999 hatte der Baukonzern vor dem Aus gestanden. Eine Pleite wurde in letzter Sekunde mit einer Intervention des damaligen SPD-Bundeskanzlers Gerhard Schröder verhindert. Er sagte dem Unternehmen ein Darlehen der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau sowie eine Bundesbürgschaft zu. Drei Jahre später schlitterte Holzmann dennoch in die Insolvenz.

Wie ein mögliches Engagement der Bundesregierung bei BenQ aussehen könnte, ist völlig unklar. Aus dem Bundeswirtschaftsministerium war auf Anfrage keine Reaktion auf die Forderung Leuckers zu bekommen. Es gehe darum, „Hightech in Deutschland zu halten“, sagte der Betriebsratsvorsitzende aus Kamp-Lintfort. Die ihm bekannten bisherigen Investorenkonzepte hätten Substanz. Da müsste aber noch materiell nachgelegt werden, so Leucker.

BenQ Mobile hatte Ende September Insolvenz angemeldet. Die taiwanesische Mutter BenQ hatte dem Unternehmen nur ein Jahr nach der Übernahme von Siemens den Geldhahn zugedreht. CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers ging mit Solidaritätsadressen für die Beschäftigten an die Öffentlichkeit und sprach vor den Arbeitern von „einer großen Sauerei“.

Es liege „kein unterschriftsreifes Angebot“ irgendeines Investors vor, sagte die Sprecherin von Insolvenzverwalter Martin Prager. Interesse hat eine deutsch-amerikanische Investorengruppe um den ehemaligen DaimlerChrysler-IT-Manager Hansjörg Beha. Seinem Konsortium soll laut Medienberichten auch der frühere Apple-Chef Gilbert Amelio angehören. Die Hamburger Bacoc-Gruppe will laut Handelsblatt die BenQ-Zentrale in München schließen und nur das Werk in Kamp-Lintfort weiter betreiben. Zudem soll die US-Biofirma Sentex Sensing einen Einstieg bei BenQ erwägen.

15 mögliche Interessenten haben beim Land nachgefragt, wie die Spielregeln für eventuelle Bürgschaften oder Hilfen des Landes sind, so ein Sprecher des NRW-Wirtschaftsministeriums. Insolvenzverwalter Prager hat unterdessen bereits mit der Liquidation des BenQ-Betriebsvermögens begonnen. Im Internet bietet die Kanzlei Pluta, der Prager angehört, bereits dutzende Computer und Bildschirme bei Ebay zum Verkauf an.