„Sie waren nie auf einer Demo“

Mit einer Diskussionveranstaltung versucht Uni-Rektor Müller für seine Etatpolitik zu werben. Die Studierenden werfen ihm „vorauseilenden Gehorsam“ vor den Bildungskürzungen des Senats vor

Von Christian Jakob

Ilse Helbrecht, Konrektorin für Lehre und Studium an der Uni Bremen, hegt keine Scheu vor Pathos. „Die Verpflichtung zur Wahrheit ist die einzige Verpflichtung, die die Universität akzeptiert“, sagt sie. Tatsächlich akzeptiert die Universität Bremen aber auch die Verpflichtung, selber zu entscheiden, wo sie bis 2015 ein gutes Viertel ihrer Professuren streichen will. Diese beiden Dinge gehen nicht ohne Weiteres zusammen. Und so lud das Rektorat am Donnerstag zu einer Diskussionsveranstaltung in der Uni-Mensa ein: „Zwischen Sparzwang und Exzellenzinitiative – Wohin geht der Weg der Universität Bremen?“

Vor gut 500 ZuhörerInnen verteidigte das Rektorat die Beschlussvorschläge der „HEP-V“-Kommission (siehe Kasten).

Die „Bereitschaft zur Selbstbeschneidung“ sei der einzige Weg, die Autonomie der Hochschule zu gewährleisten. Wenn die Universität die Umsetzung der senatorischen Kürzungsvorgaben nicht „eigenverantwortlich gestaltet“ hätte, sagte Uni-Rektor Müller, wäre die akademische Selbstverwaltung „für immer“ durch die Politik aufgehoben worden. Insofern sei der Schritt, die Kürzungen des Etats anzunehmen und planerisch umzusetzen, so etwas wie eine Zukunftsinvestition. Die so behauptete Unabhängigkeit garantiere die Fähigkeit zur erfolgreichen Drittmittelakquise – dem einzigen Weg aus der Bildungsmisere, so Müller weiter.

Die Studierenden hatten für diesen Pragmatismus nur Spott übrig. „Wir sehen das Problem von hier aus“, riefen sie in Richtung Müller. Mit der Kommission habe das Rektorat in vorauseilendem Gehorsam die Lehre ruiniert. Müller hätte sich konsequent weigern müssen, die Kürzungen des Senats umzusetzen, sagten Vertreter des AStA auf der Veranstaltung. Stattdessen habe er eine halbherzige Verhandlungsstrategie gewählt. „Sie waren nie auf einer Demo“. In Wahrheit, so die Studierenden, trage das Rektorat die Umstrukturierung letztlich auch inhaltlich mit. Müllers Bereitschaft, „Profilbildung“ und „Exzellenzinitiativen“ als Chancen für eine Neukonzeption der Universität zu begreifen, sei unsozial. „In ‚exzellenten‘ Universitäten werden immer weniger Menschen studieren – und auch immer weniger Arme“, so die Studierendenvertreter. „Wir stehen nicht auf derselben Seite“, ließen sie Müller wissen. Konrektorin Helbrecht sagte, angesichts der Etatkürzungen müssten die Zugangsbeschränkungen zum Studium weiter verschärft werden. „Nur mit weniger Studierenden können wir unter solchen Bedingungen eine exzellente Lehre anbieten“. Müller erklärte, allgemeine Studiengebühren seien kein Weg, der Geldnot beizukommen, da die Einnahmen stets bei den staatlichen Zuschüssen gekürzt würden.