Bürokratischer Alltagsterror

betr.: „Venezuela ist keine Diktatur“, taz vom 10. 1. 07

Kennt man ein wenig die Details, stellt sich die Situation in Venezuela weniger rosig dar, als Christoph Twickel behauptet. Dass Chávez einiges für die Ärmsten getan hat (und damit natürlich Mittelschichten provoziert) – unbenommen. Dass Verstaatlichungen sinnvoll sein können – geschenkt. Aber mit der demokratischen Kultur in Venezuela und den Chancen der Opposition auf einen fairen politischen Wettkampf liegt einiges im Argen.

Meine Chávez-kritischen Freunde haben da ihre Erfahrungen: Wer nicht das richtige Parteibuch hat, wird nicht in den Staatsdienst eingestellt. Wer schon drin ist, wird eingeschüchtert, bedrängt, soll vor Beförderungen oder Vertragsverlängerungen Bekenntnisse zu Chávez abgeben. Pässe werden nicht ausgestellt, oder bei der Wiedereinreise eingezogen. Kurz, die ganze Klaviatur des bürokratischen Alltagsterrors. In einem solchen Klima ein „solides demokratisches Mandat“ für Chávez zu behaupten, ist blauäugig – oder vorsätzlich irreführend. CORINNA FISCHER, Berlin