Private Inseln

Die Monotonie der Migration zeigen Fotos in der Ausstellung „Heimatbild“ im Dortmunder Künstlerhaus

Heimat – ein Wort mit schalem Geschmack. Nach Staub riechende Möbel, Rituale der Vergangenheit und der ewige Gedanke daran, endlich alles hinter sich zu lassen. Seit knapp drei Jahren versuchen in Dortmund Designer, Fotografen und Autoren den Begriff neu zu definieren. Ursprünglich vor allem als Plattform für Designer aus dem Ruhrgebiet gedacht, hat sich jetzt um das unregelmäßig erscheinende Magazin Heimatdesign eine lose Gruppe Kreativer gesammelt. Höhepunkt war im letzten Herbst eine Messe auf der Zeche Zollverein in Essen. Dort entstand aus dem Fotowettbewerb „Heimatbild – Utopie und Wirklichkeit“ eine Ausstellung, die nur bis Ende Januar im Künstlerhaus Dortmund zu sehen ist.

Landschaftsidyllen und Strukturwandel, die vielleicht das alte und neue Ruhrgebiet abbilden, haben bis auf die anrührenden, schwarz-weißen „Erinnerungen“ von Norbert Balzer kaum Eingang in die sechs Räume auf zwei Etagen gefunden. Die Bilder von Kindheit und Urlaub und von alltäglichen Dingen, die vielleicht einmal zu Erinnerungen werden können, konfrontieren bei der Ausstellung „Heimatbild“ den Betrachter immer wieder mit Gefühlen des Verloren- und Verlassenseins – auch beim Blick aus dem zerkratzten Zugfenster.

Heimat scheint für die Künstler vor allem ein Ort zu sein, der ganz nah am eigenen Ich liegt und eher ein Ort für Rückzug und Ruhe ist. Die Bilder der Bielefelder Studentin Katrin Kamrau erzählen von der Heimat als Geschichte der Zweisamkeit, inszeniert in Momentaufnahmen voller Schönheit. So finden sich in ihrer Serie „Subscripto“ neben vertrauten Bildern wie den morgendlich zerwühlten Betten auch ungewöhnliche Szenerien, wie der gemeinsame Imbiss auf einem Autodach im Wald.

Voll Selbstverständlichkeit wird in der Ausstellung auch die Realität der Zuwanderung ins Ruhrgebiet thematisiert. Mit Sympathie zeigt zwar Julia Reschuchas Serie „Yesil Bostan“ türkische Schrebergärten. Und bei Maurice Kohls „Garten Ebel“ fügt sich eine ältere Türkin ganz natürlich in begrünte Orte voller Muße. Doch bleiben es Stereotypen, die integrierte Einwanderer vielleicht bereits überwunden zu haben glauben: Übergewichtig und mit Kopftuch zeigt sich Kohls Türkin und in den Schrebergärten schmücken ausgerechnet grässliche Plastikblumen einen Zaun.

Einen ungewohnten Blick dagegen gibt Yvonne Seidel auf das Bemühen der Bewohner des Frankfurter „Flughafenasyls“, sich auch zwischen Beton und Zäunen ihre privaten Inseln zu schaffen. NADIA LEIHS

Bis 28. Januar 2007Künstlerhaus DortmundInfos: 0231-820304