Mitangeklagte von Saddam hingerichtet

Der Halbbruder des ehemaligen irakischen Diktators und der Exchef der Revolutionsgerichte werden gehängt. Unter den Sunniten herrscht Empörung, weil einem der beiden bei der Exekution der Kopf abgerissen wurde. Rechtsfragen weiter offen

AUS ERBIL INGA ROGG

Gut zwei Wochen nach der Hinrichtung von Saddam Hussein sind dessen Halbbruder Barzan Ibrahim Hassan und der ehemalige Chef des Revolutionsgerichtshofs, Awad Hamed al-Bandar, gehängt worden. Laut einem irakischen General fand die Hinrichtung am frühen Montagmorgen auf dem Gelände des früheren Militärgeheimdienstes im Norden von Bagdad statt, wo am 30. Dezember auch Saddam hingerichtet worden war.

Die beiden Angeklagten waren vom irakischen Sondertribunal wegen ihrer Beteiligung an dem Massaker an Schiiten in Dujail im Jahr 1982 gemeinsam mit Saddam Anfang November zum Tode verurteilt worden. Die Berufungsinstanz bestätigte die Urteile am 26. Dezember. Die beiden zum Tode Verurteilten hätten zunächst gemeinsam mit Saddam Hussein am 30. Dezember hingerichtet werden sollen. Doch entschied sich die schiitische dominierte Regierung zunächst nur, das Urteil gegen den früheren Diktator zu vollstrecken. Man habe für Saddam einen besonderen Tag gewollt, sagte der Nationale Sicherheitsberater Mowaffak al-Rubaie später.

Die Begleitumstände der Hinrichtung hatten bei den Sunniten für Empörung gesorgt und internationale Kritik ausgelöst. Auf einem mit einem Mobiltelefon aufgenommenen Video war zu hören, wie Saddam von Anhängern des radikalen schiitischen Predigers Muktada al-Sadr verhöhnt wird. Der Vollzug der Todesstrafe erweckte so beinahe den Eindruck von schiitischer Lynchjustiz. Um angesichts der internationalen Proteste gegen die Todesstrafe nicht noch mehr in Verruf zu geraten, wollte die Regierung diesmal die Hinrichtung besser kontrollieren.

Die Exekution sei in Gegenwart mehrerer Vertreter des Exekutionsausschusses erfolgt, sagte Regierungssprecher Ali Dabbagh auf einer Pressekonferenz. Es habe keine Beschimpfungen und Racheschwüre gegeben. Allerdings sei Barzan Ibrahim bei der Hinrichtung der Kopf abgerissen worden, sagte Dabbagh. Obwohl dies nach Auskunft von Experten vorkommen kann, hat die Nachricht unter den Sunniten erneut den Verdacht geschürt, die Schiiten wollten damit ein weiteres Exempel statuieren. In Tikrit, Heimatstadt von Saddam, sprach der stellvertrende Gouverneur von einem Aufruhr. An der Hauptmoschee hängten Anhänger der Hingerichteten ein schwarzes Trauerband für die „beiden Märtyrer“ auf, die von „sektiererischer Hand ermordet“ worden seien. Wie schon bei der Hinrichtung von Saddam haben weder die Regierung noch die USA, in deren Gewahrsam sich die Hingerichteten befanden, eine Antwort auf die strittigen Rechtsfragen gegeben. Zwar schließt ein Urteil des Sondertribunals eine Amnestie aus, doch verlangt das irakische Recht, dass Todesurteile vom Präsidenten und seinen beiden Stellvertretern unterzeichnet werden. Präsident Jalal Talabani hatte sich vergangene Woche für eine Verschiebung der Urteilsvollstreckung ausgesprochen. Talabani ist derzeit nicht im Irak, wenige Stunden vor der Hinrichtung reiste er nach Damaskus.