Die Grenzen sind dicht

FLÜCHTLINGE Mit vergitterten Fenstern, privatem Sicherheitsdienst und Polizeischutz wird der unkontrollierte Zuzug in die besetzte Gerhart-Hauptmann-Schule verhindert

„Das ist in ihrem Sinne, dass die Polizei sie schützt“

GRÜNEN-BEZIRKSSTADTRAT PANHOFF

VON SEBASTIAN HEISER
UND ANTJE LANG-LENDORFF

Mehrere Sudaner lehnen am Montagmittag entspannt am Zaun vor der besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg. Seit die Räumung abgewendet wurde, gehe es ihnen okay, erzählen sie. Als sie ins Gebäude gehen, prüft ein bulliger Typ eines privaten Sicherheitsdienstes ihre Hausausweise. Draußen bleibt ein 22-Jähriger aus dem Tschad stehen. Er hat die Schule verlassen, als die Polizei anrückte. Er wohnt jetzt in einer Flüchtlingsunterkunft in Spandau und darf das Gebäude nicht mehr betreten.

Die Schule ist keineswegs offen für alle. Das haben die Besetzer auch nie gefordert. Im Gegenteil: Ausdrücklich wollten sie, dass es nur den Leuten auf ihrer Liste möglich sein sollte, das Gebäude frei zu betreten.

Die Flüchtlinge ziehen damit die Konsequenzen aus den Fehlern, die sie bei der Besetzung im Dezember 2012 gemacht haben. Damals sollte das Gebäude ein offener Ort für alle sein, ein „freier, emanzipatorischer, barrierefreier und selbstbestimmter Raum“, wie eine Besetzerin damals der taz sagte.

Schnell zogen mehr Menschen ein, als es für die politische Arbeit gut war. Es kamen Obdachlose, Wanderarbeiter aus anderen EU-Staaten, Drogendealer, Drogenabhängige – viele Menschen mit vielen Problemen.

Ein Jahr nach Beginn der Besetzung sagte der Flüchtlingsaktivist Patras Bwansi in der taz: „Nach der Besetzung kamen immer neue Leute, die meinten, sie wollen uns unterstützen oder sie bräuchten einen Platz für den Winter. Hätten wir sie abweisen sollen? Vielleicht war es ein Fehler, jedenfalls leben heute viele Menschen in der Schule und sie hat ihre eigene Struktur. Nicht alle dort sind politisch aktiv, und natürlich gibt es auch Probleme.“

Die politische Arbeit wurde zusehends gelähmt. Die letzte Veranstaltung fand vor elf Monaten statt. Im April erstach ein Bewohner einen anderen.

Das alles soll sich nicht wiederholen. Die Fenster im Erdgeschoss werden mit Platten gesichert, Türen verschlossen. In der Einigung zwischen Bezirk und Flüchtlingen heißt es: „Die Kontrolle am Eingang wird zunächst durch Personal eines Sicherheitsdienstes gesichert, das – soweit notwendig zur Vermeidung des Zuzugs Dritter – von Polizeibeamten unterstützt werden kann.“ Grünen-Bezirksstadtrat Hans Panhoff erläuterte letzte Woche: „Das ist in ihrem Sinne, dass die Polizei sie schützt vor einer Situation, die außer Kontrolle gerät. Das sind Wendungen, mit denen man am Anfang nicht wirklich gerechnet hat, aber so ist das halt im Leben.“

Unklar ist, nach welchen Kriterien die Flüchtlinge entscheiden werden, wen sie in die Schule lassen. Ob zum Beispiel nur reindarf, wer bei der politischen Arbeit für Flüchtlingsrechte benötigt wird, oder ob es auch eine Aufnahme aus humanitären Gründen gibt. Jedenfalls werden die Flüchtlinge sicher nicht noch einmal so viele Menschen bei sich aufnehmen, dass sie damit überfordert sind.