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: JULIA GROTH über die völlig zerstrittene christlich-jüdische Gesellschaft in Bonn

Ein Musterbeispiel für das Miteinander von Christen und Juden sollte sie sein, die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (GCJZ) in Bonn. Durch einen eskalierten Streit bröckelt das Vorbild aber derzeit. Der Vorstand der Gesellschaft hat rechtliche Schritte gegen das ehemalige jüdische Vorstandsmitglied Margaret Traub eingeleitet, die auch Vorsitzende der Bonner Synagogengemeinde ist. Sie hat den christlichen Vorstandsmitgliedern vorgeworfen, die Juden in der GCJZ herabzuwürdigen.

Bereits im vergangenen November war Traub im Streit aus der Gesellschaft ausgetreten und hatte sie ohne jüdisches Vorstandsmitglied zurückgelassen. In ihrer Eigenschaft als Erste und Zweite Vorsitzende der Synagogengemeinde erklärten sie und ihre Kollegin Ricky Kaminski auch den Austritt der Gemeinde. Daher dürfe die GCJZ auch nicht mehr in der Synagoge tagen, entschied Traub – obgleich viele Gemeindemitglieder als Privatpersonen in der Gesellschaft blieben. „Wir wurden rausgeworfen“, empört sich die Geschäftsführerin der GCJZ Leah Rauhut-Brungs, die auch Mitglied der jüdischen Gemeinde ist. Die GCJZ tagt jetzt in kirchlichen Räumen. Auch ihre Feier zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar findet in einem Pfarrsaal statt.

Eben dieser Termin war der Auslöser für den Streit, der jetzt über Anwälte ausgetragen wird. Weil die Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann am 27. Januar verhindert ist, verschob die Initiative zum Gedenken der Bonner Opfer des Nationalsozialismus, der unter anderem die Stadt Bonn und die GCJZ angehören, die Gedenkfeier kurzerhand um einen Tag. Viele Mitglieder der GCJZ waren damit aber nicht einverstanden und planten eine alternative Veranstaltung am eigentlichen Gedenktag.

Traub dagegen beharrte darauf, dass die jüdische Gemeinde zusammen mit der Oberbürgermeisterin feiern sollte. „Das Gedenken kann nicht nach persönlichen Eitelkeiten stattfinden“, kritisiert Rauhut-Brungs diesen Entschluss. Traub dagegen erklärt, Dieckmann nicht in terminliche Verlegenheit bringen zu wollen. „Sie ist das ganze Jahr hindurch für die Belange der Juden da“, sagt sie. Außerdem fühlten sich die Bonner Holocaust-Überlebenden geehrt, wenn die Oberbürgermeisterin bei der Feier dabei sei. „Hauptsache, es wird gedacht“, sagt Traub. Der Termin sei zweitrangig.

Diese Differenz führte schließlich dazu, dass Traub und Kaminski aus der GCJZ austraten. In einer Erklärung schrieben sie: „In der letzten Zeit haben wir den Eindruck, dass wir Juden in diesem Gremium am liebsten einfach gehorchen und dem zustimmen sollen, was uns vorgelegt wird.“

Solche Äußerungen soll Traub nach dem Willen des Vorstands in Zukunft unterlassen, sonst wird der Streit vor Gericht weitergeführt. Traub hofft jedoch auf eine außergerichtliche Einigung. In die GCJZ zurückkehren will sie aber vorerst nicht. Ihr Austreten hat übrigens bald Tradition: Bereits vor acht Jahren hatte sie der Gesellschaft den Rücken gekehrt, war aber nach einigen Monaten zurückgekommen.