In Gefangenschaft

Schon ein Jahr lebt Tuan Ngo Van im Kirchenasyl. Jetzt hofft der Vietnamese auf die Härtefall-Komission

Seit fast genau einem Jahr hat Tuan Ngo Van das evangelische Gemeindezentrum in Kreuztal nicht mehr verlassen. Würde er sich über die Türschwelle wagen, könnte die Polizei ihn sofort festnehmen und ins Abschiebegefängnis bringen. Denn der 43-Jährige soll in sein Herkunftsland Vietnam abgeschoben werden. Nur das Kirchenasyl hat ihn bisher davor bewahrt. „Sie könnten Tuan trotzdem jederzeit rausholen“, sagt sein Freund Ludwig Brügmann besorgt. Denn Kirchen sind kein rechtsfreier Raum, der Staat kann dort eingreifen, wenn er will. „Aber wir haben ein gutes Verhältnis zur Ausländerbehörde und sie hat uns versichert, das Kirchenasyl zu achten.“

Ngo Van selbst spricht kaum mit der Presse. Das liegt zum Teil daran, dass er Deutsch nur undeutlich spricht. „Er ist aber generell scheu vor der Öffentlichkeit“, sagt Brügmann. „Das liegt an seiner Biografie.“ So spreche er auch nicht gern mit Beamten, egal ob in Uniform oder bei Behörden am Schreibtisch.

Brügmann, ein pensionierter Arzt, setzt sich seit etwa zwei Jahren für Ngo Van ein. Ein Dreivierteljahr hat der Vietnamese bei ihm gewohnt. Dann sollte er zum dritten Mal abgeschoben werden und Brügmann riet ihm dazu, einen Asylantrag an die Kirche zu stellen. Ngo Van ist seit fast sieben Jahren in Deutschland. In Vietnam hatte er unter Repressionen zu leiden, weil er sich offen zum Christentum bekennt. Das Land ist bei der Verfolgung von Christen weltweit auf Platz sieben, so eine Studie des christlichen Missions- und Hilfswerks „Open Doors“.

In Vietnam arbeitete Ngo Van als Berufsgeiger in einem staatlichen Orchester. Nachdem bekannt wurde, dass er Christ ist, verlor er jedoch seinen Arbeitsplatz. In Deutschland konnte er seiner Arbeit ebenfalls nicht nachgehen, weil er keine Arbeitserlaubnis bekam. Jetzt gibt er drei Jugendlichen unentgeltlich Geigenunterricht im Gemeindehaus. Für seinen Lebensunterhalt bekommt er Spenden von Gemeindemitgliedern. Den Tag füllt er mit Schach spielen aus, lernt Deutsch oder empfängt Freunde. „Er hat aber natürlich auch Phasen tiefer Depression“, sagt Brügmann.

Er und Ngo Van hoffen jetzt auf das Urteil der Härtefall-Komission in Düsseldorf. Bis Ende März soll sie entscheiden, ob Ngo Van abgeschoben wird oder nicht. Die Voraussetzungen des Bleiberechts würde er erfüllen: Selbst ein Jobangebot hat er schon. JULIA GROTH