Klimaneutrale Ferien
: Zweifel sind angebracht

Bergstürze, Gletscherschwund, Muren: die Alpen ächzen. Sie leiden unter der Erderwärmung und unter den Touristen: Etwa 120 Millionen kommen jedes Jahr, zwei Drittel mit dem Auto, was allein wegen der CO2-Emissionen nicht gerade Abkühlung bringt. Orte, die nicht – wie etwa Arosa – auf 1.800 Meter Höhe liegen, müssen sich langsam auf schneefreie Winter einstellen, da helfen auf lange Sicht auch keine Schneekanonen. Nun engagiert sich ausgerechnet der durch seine Geografie so verwöhnte Schweizer Alpenort im Klimaschutz und propagiert die „klimaneutralen Ferien“: Arosa will Pauschaltouristen durch Zahlungen an Klimaschutzprojekte eine saubere CO2-Bilanz garantieren.

KOMMENTAR VON THOMAS PAMPUCH

Alibi? Ablass? Werbegag? Vielleicht. Das Frappante und Ehrliche daran ist, dass die Erfinder der Idee klimaneutraler Ferien gar keinen Hehl aus ihren Absichten machen. „Social Marketing“ nennt man so etwas: Intakte Umwelt ist für die Touristen ein wichtiges Kriterium, also zeigen wir, dass wir dazu beitragen, sie intakt zu halten. Wir lassen uns das was kosten und bieten besseren umweltfreundlichen Service und Aufklärung in einem. Am Ende haben alle – einschließlich der Umwelt – etwas davon. Das alles klingt so schön und ist so lobenswert, wer will da ein Spielverderber sein? Darum lasst uns alle mitspielen! Ja, es ist prima, dass Arosa Klimaneutralität propagiert. Ja, wir wollen in Zukunft bei jeder Reise unsere Ökobilanz prüfen. Und nicht nur beim Reisen. Schließlich kann man (laut ClimatePartner) inzwischen die Emissionen jedes Ziegelsteins berechnen und somit Klimaneutralität überall verwirklichen. Und ja, wir sind sogar bereit, diese Klimakurtaxe selbst zu bezahlen, wenn sie von vertrauenswürdigen Institutionen errechnet wird. Warum soll nur Arosa zahlen? Wir sind für das Verursacherprinzip. Nur um eines möchten wir Arosa und seine Klimaneutralitäts-Berechner bitten: Seid ehrlich! Berechnet auch die Emissionen, wenn ihr neue Hotels errichtet, wenn ihr Schneekanonen aufstellt (und das tut ihr!) und vor allem wenn ihr neue Lifte baut und Skigebiete in bisher unberührten Tälern erschließt. Wir alle gemeinsam zahlen dann dafür – so oder so.