Partei im Umbau

AUS MÜNCHENDOMINIK SCHOTTNER

Auf seiner Internetseite ist Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber der Zeit voraus. Unter dem Menüpunkt „Tätigkeiten“ kann man dort lesen: „Diese Seite ist momentan bedingt durch den Positionswechsel im Umbau.“ Der Wechsel, von dem hier die Rede ist, ist mitnichten abgemachte Sache, wie es www.erwin-huber.de suggeriert: Huber möchte der nächste CSU-Vorsitzende werden. Sein Parteifreund Horst Seehofer, derzeit Vizechef der Partei und Bundeslandwirtschaftsminister, möchte das auch.

Seit vergangenem Donnerstag, als Edmund Stoiber seinen Rücktritt ankündigte, streiten Huber, Seehofer und andere führende CSUler nun darum, wer von beiden das größere Anrecht auf den Vorsitz und wer mehr Unterstützer in der Partei habe. Doch es geht auch darum, welchen Kurs die CSU künftig einschlägt: den sozialen und mit offenen Armen gen Berlin gerichteten mit einem Vorsitzenden Seehofer? Oder aber den wirtschaftsfreundlichen, radikalreformerischen und bajuwarisch-sektiererischen mit einem Vorsitzenden Huber?

Am vergangenen Wochenende kritisierte Seehofer das Vorgehen der selbst ernannten Erben Stoibers: „Ein eigenartiger Vorgang“ und „kein guter Stil“ sei es, „wenn Günther Beckstein mich dazu drängt, meine Kandidatur aufzugeben, ohne dass er zuvor mit mir gesprochen hat“, sagte Seehofer dem Spiegel. Beckstein und Huber hatten während der Klausurtagung der CSU-Landtagsfraktion in Kreuth in der vergangenen Woche die Nachfolge Stoibers unter sich aufgeteilt, ohne Seehofer davon zu unterrichten.

Huber bot Seehofer den Posten des „ersten Stellvertreters“ an, den es bislang noch nicht gibt: Er wolle Seehofer „die Hand zur Zusammenarbeit reichen und ihn bitten, dass er als kompetenter Sozialpolitiker, als Bundesminister und stellvertretender Parteivorsitzender in diesen herausgehobenen Verantwortungen weitermacht und in Partnerschaft mit Beckstein und mir die Zukunft der CSU gestaltet“, sagte Huber in der heutigen Ausgabe der Welt.

Seehofer ist in der Führungsriege der CSU nicht unumstritten. Zuletzt musste er sich Gerüchten erwehren, wonach er eine außereheliche Affäre mit einer 32 Jahre alten Bundestagsmitarbeiterin habe. Politisch steht er oft quer zu den Konzepten der CSU. Als er von Stoiber in das Kabinett Merkel gehievt wurde, stöhnten einige Unionsleute, mit Seehofer säße „der neunte Sozialdemokrat“ mit am Kabinettstisch. Der ehemalige Vorsitzende des Sozialverbandes VdK Bayern ist mit 57 Jahren außerdem drei Jahre jünger als sein Konkurrent Erwin Huber, was er als Argument für sich verwendet: „Das ist mein Lebensziel: den politischen Erfolg an die nächste Generation weitergeben.“

Huber gilt als weitaus weniger beliebt bei der Basis als Seehofer. Dafür wähnt er die Mehrheit der Landtagsabgeordneten und der CSU-Bezirksvorsitzenden hinter sich. „Starken Rückenwind“ spüre er für seine Kandidatur im September, sagte der ehemalige Leiter der Staatskanzlei. Als solcher war er maßgeblich an der Ausarbeitung des Wahlprogramms beteiligt, mit dem die Union in den Bundestagswahlkampf im Jahr 2005 ging – und entgegen den Prognosen baden ging. Eine Einladung, nach Berlin zu wechseln, lehnte Huber damals ab.

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) hält es unterdessen für möglich, dass Edmund Stoiber noch vor dem 30. September seine Ämter abgibt: „Die Überlegungen sind sicher nicht zu Ende“, sagte Glos gestern. Der Vorsitzende der Jungen Union Bayern, Manfred Weber, widersprach Glos indirekt. „Edmund Stoiber hat eine sehr schwierige Entscheidung gefällt. Das sollte man respektieren“, sagte Weber, der auch Mitglied des CSU-Präsidiums ist, das Stoiber vor zwei Wochen noch zur Nummer eins in Bayern und der CSU gekürt hatte.