Politik besorgt um bergische Problemstädte

Nach der Debatte um eine Städtefusion sind Wuppertal, Remscheid und Solingen erneut Thema der Landespolitik. Grünen-Fraktionschefin Löhrmann fordert Entlastung der finanzschwachen NRW-Kommunen beim Solidarpakt

DÜSSELDORF taz ■ Den Städten Wuppertal, Remscheid und Solingen soll geholfen werden. Bei der Reform des Finanzausgleichs müsse nicht nur das Ruhrgebiet, sondern auch das bergische Städtedreieck besser gestellt werden, fordern die NRW-Grünen. „Wir brauchen eine Diskussion um Solidarität auch mit armen Städten in NRW“, sagt Fraktionschefin Sylvia Löhrmann. Der Solidarpakt müsse deshalb reformiert werden, es bleibe aber bei der „Grundsolidarität“ mit dem Osten. Unterstützung kommt vom Wuppertaler Kämmerer Johannes Slawig (CDU): „Die Zahlungen müssen auf den Prüfstand.“ Arme NRW-Kommunen haben seit 1990 zwei Milliarden Euro für die Osthilfe aufgebracht.

Mit der Solidebatte ist das bergische Städtedreieck bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr Thema der NRW-Landespolitik. Düsseldorfs Regierungspräsident Jürgen Büssow (SPD) hatte aus Gründen der Wirtschaftlichkeit eine Fusion der Krisenkommunen Wuppertal, Remscheid und Solingen vorgeschlagen – offenbar gegen den Willen von Schwarz-Gelb (taz berichtete). Sinnvoller seien Kooperationen von Nachbarstädten, um Schulden abzubauen und Steuergelder sinnvoll einzusetzen, so FDP-Innenminister Ingo Wolf.

Auch Wissenschaftler lehnen eine „Megacity Berg“ ab. „Die Idee einer Städtefusion halte ich für eine Kopfgeburt“, sagt der Raumplaner Stefan Gärtner vom Institut für Arbeit und Technik (IAT) in Gelsenkirchen. Wuppertal, Remscheid und Solingen hätten „jeweils eine eigene Identität“. Besser wäre es, im Städtedreieck „entlang der wirtschaftstrukturellen Kompetenzen zu kooperieren“.

Das schlechte Image der Region erschwere die Anwerbung von hochqualifizierten Arbeitskräften, sagt Gärtner. Zudem kämpften die drei Städte immer noch mit dem Verlust von Arbeitsplätzen in der Vergangenheit, so der IAT-Forscher: „Das Bergische Land hat in den letzten Jahrzehnten eine ähnlich negative Arbeitsmarktentwicklung wie das Ruhrgebiet hinter sich.“

Während das Revier mit einer „Initiative Zukunft Ruhr“ speziell aus Düsseldorf unterstützt wird, gibt es ein vergleichbares Sonderprogramm für das Bergische Land gleichwohl nicht. „Für die Region ist es doch viel entscheidender, dass sie seit 2007 wie das Ruhrgebiet EU-Fördermittel bekommen kann“, sagt ein Sprecher des NRW-Wirtschaftsministeriums. Das Land rechnet für den Zeitraum 2007 bis 2013 mit mehr als zwei Milliarden Euro aus den Brüsseler Töpfen – die NRW-Problemregionen sollen sich mit guten Projekten einen Wettbewerb darum liefern.

Dennoch gibt es in Berg Unmut über Ministerpräsident Jürgen Rüttgers. Der hatte in einem Interview mit einer bergischen Lokalzeitung mehr Zusammenarbeit der Verantwortlichen vor Ort gefordert. Die bergische Industrie- und Handelskammer bestätigte die Rüttgers-Kritik. Ein Hindernis für eine bessere Zusammenarbeit im Dreieck seien „Besitzstandsdenken, Parteitaktik und persönliche Animositäten“. MARTIN TEIGELER