Das atombetriebene Windrad

Hamburger Windkraftanlagenhersteller Repower soll vom französischen Atomtechnikkonzern Areva übernommen werden. Der betreibt unter anderem die Plutoniumfabrik La Hague, will nun aber in die „vielversprechende“ Windenergie einsteigen

Von Sven-Michael Veit

Mit Geld aus der Atomindustrie soll die Windenergie ausgebaut werden. Dieses Ziel gab Anne Lauvergeon, Vorstandsvorsitzende des französischen Atomtechnikkonzerns Areva, gestern in Hamburg aus. Und dafür will sie die Mehrheit des Windanlagenbauers Repower erwerben, bestätigte Lauvergeon am Nachmittag nach einem Gespräch mit Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU). Repower sei „das richtige Unternehmen, um im vielversprechenden Windenergiemarkt mitzuwirken“, so die Chefin des global agierenden Konzerns (siehe Kasten).

Das könnte sogar stimmen, denn Repower, mit Sitz in der Hansestadt, ist einer der weltweit größten Hersteller von Windkraftanlagen und verfügt nach eigenen Angaben über prall gefüllte Auftragsbücher. Im laufenden Jahr soll mit 325 Anlagen ein Umsatz von 650 Millionen Euro erzielt werden, für 2008 rechnet Vorstandschef Fritz Vahrenholt mit 420 Anlagen und 850 Millionen Euro Umsatz.

Etwa 1.400 Windmühlen hat das Unternehmen bereits errichtet, unter anderem in den USA. Produziert wird zurzeit im nordfriesischen Husum und in Trampe (Brandenburg), in diesem Jahr soll die Herstellung in Bremerhaven aufgenommen werden, im nächsten Jahr in Rendsburg am Nord-Ostsee-Kanal: „Die Nachfrage“, verkündete Vahrenholt bereits im Mai 2006, „übersteigt unsere Kapazitäten bei weitem.“ Deshalb sollen demnächst in China Windanlagen für den dortigen Markt direkt vor Ort gebaut werden.

Konstruiert hat Repower auch die größte Windkraftanlage der Welt „5M“, Kurzform für Fünf-Megawatt-Anlage. Seit zwei Jahren dreht der 183 Meter hohe Prototyp im Probebetrieb seine Kreise direkt neben dem Atomkraftwerk Brunsbüttel an der Unterelbe. So erfolgreich, dass Repower mit dem Riesen nun aufs Wasser geht. Im August wurde die erste „5M“ offshore installiert: 25 Kilometer vor Schottland in 44 Meter Wassertiefe in der Nordsee. Drei Anlagen sollen in diesem Jahr im deutsch-dänischen Bürgerwindpark Vestre errichtet werden, zwei weitere in einem Testfeld vor Cuxhaven. Eine „5M“ soll den jährlichen Strombedarf von etwa 4.500 Haushalten decken.

Ziel der Übernahme sei es, die „Entwicklung von Repower und seinen führenden Technologien zu beschleunigen“, erklärte Lauvergeon, deren Atomkonzern sich gerne als „Anbieter verlässlicher Technologien für CO2-freie Energieerzeugung und Stromverteilung“ bezeichnet. Mit seiner „finanziellen Stärke und globalen Präsenz“ sei Areva „der richtige Partner“ für die Hamburger Windmüller.

Preislich werden die Franzosen, die bislang 29,99 Prozent an Repower halten, aber noch draufsatteln müssen. Sie hatten gestern morgen ein offizielles Angebot von 105 Euro pro Aktie unterbreitet. Gekoppelt ist das Angebot an den Erwerb von mindestens 20,1 Prozent, um die Mehrheit an Repower übernehmen zu können. Nach der Veröffentlichung jedoch reagierte die Börse sofort: Der Repower-Kurs, der am Freitag noch bei 89,86 Euro lag, stieg binnen weniger Stunden auf 109,69 Euro.

Vahrenholt, bis 1997 SPD-Umweltsenator in Hamburg und danach zeitweilig Vorstandsmitglied des Öl-Konzerns Shell, begrüßte das Angebot von Areva: „Wir kennen das Unternehmen und glauben, dass es der richtige Partner ist.“ Zwar habe ihn der Zeitpunkt „schon etwas überrascht“, aber „langfristig“ sei der Schritt „zu erwarten gewesen“.

Über eine „Stärkung Hamburgs und der ganzen Region“, freute sich denn auch von Beust nach dem Treffen mit Lauvergeon und Vahrenholt. Ihm sei zugesichert worden, dass der Hauptsitz in Hamburg bleiben werde. Zudem beabsichtigten Areva und Repower, „ein weltweites Kompetenzzentrum für Windenergie“ in der Elbmetropole zu errichten.

Einen Widerspruch zwischen Atom- und Windkraft sehe er im Übrigen nicht, erklärte von Beust, der seit zwei Wochen Leiter der Umweltkommission der CDU-Bundespartei ist. Schließlich seien beide Energieerzeugungen „kohlendioxidfrei“.