„Ich fisch mir halt Flaschen raus“

Geschäftsideen unserer Zonis. Heute: die Pritzwalker Panscherei. Ein Wahrheit-Interview mit dem ostdeutschen Restalkohol-Experten Armin Löffler aus dem Landkreis Prignitz

taz: Herr Löffler, was machen Sie da gerade?

Armin Löffler: Ich arbeite.

Und woran, wenn man fragen darf, arbeiten Sie? Momentan sehen wir Sie mit einem Arm in einem Altglascontainer auf dem Parkplatz eines Supermarkts im Einzugsbereich der Stadt Pritzwalk herumrühren.

Ich angele mir da halt Flaschen raus, und wenn noch was drinne ist, kippe ich die Reste zusammen und verkaufe das Gesöff dann privat als Schnaps, für zwei Euro den Liter. Ich nenne den Fuselverschnitt „Pritzi“. Hier in Pritzwalk geht das Zeug weg wie warme Semmeln. Die Leute reißen mir die damit gefüllten Ampullen förmlich aus der Hand.

Und was sagt das Gesundheitsamt dazu?

Welches Gesundheitsamt?

Das von Pritzwalk.

Weiß der Deibel.

Und andere Behörden? Haben Sie Ihr Gewerbe überhaupt ordentlich angemeldet bei einem Amt?

Sie sind wohl so ’n ganz Schlauer aus dem Westen.

Mag schon sein. Sie bluten übrigens an der Hand.

(Löffler betrachtet seine blutende rechte Hand, die er aus dem Einwurfschacht des Containers gezogen hat): Stimmt. Das kommt halt von den Scherben. Aber Scherben bringen Glück, Meister! Ohne Fleiß kein Preis! Da sind nun mal verteufelt viele Scherben drin in so ’m Container. Dienst ist Dienst, und Schnaps ist Schnaps.

Wie viel Liter „Pritzi“ zapfen Sie hier täglich ab?

Das kommt darauf an. Über das Weihnachts- und Silvestergeschäft im gesamten Landkreis Prignitz kann ich mich nicht beklagen. Da haben die Leute teilweise halbvolle und zudem noch zugeschraubte oder wiederverkorkte Buddeln eingeworfen. Jetzt im Frühjahr ist der Nachschub zwar geringer geworden, aber ich habe ein Bohrgerät konstruiert, das mir unabhängig von jeder Saison den stetigen Zufluss aus dem alkoholischen Bodensatz der gängigen Altglasbehälter beschert. Von ganz unten.

Sind Ihre Kunden denn zufrieden mit dem Angebot?

Es hat, das will ich nicht verhehlen, anfangs zahlreiche Tote gegeben. Mittlerweile hat sich die Zahl derer, die an einem Cocktail aus meiner Brauerei gestorben sind, auf durchschnittlich 30 bis 40 Personen jährlich eingependelt.

Und Sie selbst? Gefällt Ihnen Ihr Job?

Das ist kein Job, das ist eine Lebensaufgabe. Und sie gefällt mir, wenn ich ehrlich sein soll, besser als Ihre schiefe Visage.

Dieses Kompliment können wir zurückgeben. Machen Sie’s gut, Herr Löffler! Kopf hoch!

INTERVIEW: GERHARD HENSCHEL