die taz zu den schlammschlachten im us-wahlkampf vor 12 jahren
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Im Weißen Haus befürchtet Bill Clinton einen „schwarzen Dienstag“; in den Wahlkampfquartieren der Republikaner ist in Aussicht auf eine republikanische Mehrheit im Senat und im Repräsentantenhaus der Sekt schon kaltgestellt; in Gouverneurs-, Kongreß- oder Bürgermeisterrennen werden frenetisch die letzten TV-Spots geschaltet, um den Gegner als verlogen, liberal, promiskuitiv, als Verschwender von Steuergeldern und/oder Verhätschler von Kriminellen darzustellen.

Dabei haben die Demokraten in der letzten Woche einigen Boden gutgemacht. Aushängeschilder der Partei wie etwa Mario Cuomo, Gouverneur von New York, und Edward Kennedy, Senator aus Massachusetts, haben sich laut Meinungsumfragen einen Vorsprung vor ihren republikanischen Herausforderern erkämpft. US-Präsident Clinton hat nach seinem Auftritt auf internationaler Bühne im Nahen Osten wieder so viel Popularität hinzugewonnen, daß er zumindest im Norden der USA wieder gerngesehener Wahlkampfhelfer für demokratische Kandidaten ist.

Um die Auszeichnung für schlammigste Rennen konkurrieren die Senatsanwärter in Virginia und Kalifornien. In Virginia liefert eine der Hauptfiguren des Iran-Contra-Skandals, Oliver North, mit einem Programm und Spenden aus dem christlich-rechten Lager, dem demokratischen Amtsinhaber, Chuck Robb, ein erbittertes Rennen, in dem er Robb außerehelichen Sex, Clinton-Loyalität und Kokainpartys vorwirft. In Kalifornien werden dieses Jahr sämtliche Finanzrekorde gebrochen. Dort hat der Republikaner Michael Huffington, Sohn eines Ölmillionärs, bereits 28 Millionen Dollar seines Privatvermögens von 70 Millionen Dollar in TV-Spots investiert, die seine Gegnerin, die demokratische Senatorin Dianne Feinstein, als machtbesessene, auf Privilegien fixierte Amtsinhaberin darstellen. Feinstein, selbst mehrfache Millionärin, hat inzwischen acht Millionen Dollar in ihren Wahlkampf gesteckt.

Andrea Böhm, taz, 8. 11. 1994