EU sägt erfahrene Außenpolitiker ab

Die EU-Sonderbeauftragten für Kongo, Sudan und Kaukasus sollen ihre Posten verlieren. Neuer UN-Chef in Brüssel

BERLIN taz ■ Pünktlich zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft schwächt sich die EU außenpolitisch selbst. Nach Informationen der taz aus diplomatischen Kreisen sind drei EU-Sonderbeauftragte entlassen worden. Der Sudan-Beauftragte Pekka Haavisto, der Beauftragte für Afrikas Große-Seen-Region, Aldo Ajello, und der Kaukasus-Beauftragte Paul Semneby sollen Schreiben bekommen haben, in denen man ihnen für ihre Bereitschaft zum Rücktritt dankt. Offiziell arbeiten sie zunächst weiter.

Im Falle des Italieners Ajello, dienstältester EU-Sonderbeauftragter, der seit 1996 die Krisengebiete um die Demokratische Republik Kongo, Ruanda und Burundi bearbeitet, wird von Pensionierung gesprochen; er wurde diesen Monat 71 Jahre alt. Im Falle des 48-jährigen Finnen Haavisto, der seit Juli 2005 die EU-Politik im Sudan gestalten soll und damit für den heiklen Bereich Darfur zuständig ist, kann dieses Argument nicht gelten. Vertraute Haavistos sagen, er sei in der EU angeeckt, weil er sich nicht darauf beschränkt habe, gegenüber sudanesischen Akteuren eine EU-Position zu verkünden, sondern stattdessen viel diplomatische Eigeninitiative entwickelt habe.

„Er hat Vertrauen aufgebaut zu den Konfliktparteien“, urteilt Marina Peter vom zivilgesellschaftlichen Netzwerk „Sudan Focal Point Europe“ und bedauert Haavistos Abgang. „Dass Darfurs Rebellen sagten, sie wollen, dass die EU den Friedensprozess leitet, hat viel mit seiner Person zu tun.“

Verschiedene Nachfolger sind im Gespräch, jedoch ist nicht klar, ob die Posten überhaupt bestehen bleiben. Dem EU-Chefaußenpolitiker Javier Solana wird nachgesagt, die Einrichtung der ihm unterstellten Sonderbeauftragten zumindest für Afrika abschaffen zu wollen. Stattdessen zirkulieren Überlegungen, eine zentrale EU-Vertretung beim Hauptsitz der Afrikanischen Union (AU) in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba einzurichten, von der aus Länder- und Regionalbeauftragte tätig sein könnten. Derzeit verfügt Solana über neun EU-Sonderbeauftragte – neben den drei genannten sowie dem ebenfalls abgesägten Bosnien-Beauftragten Christian Schwarz-Schilling (s. o.) sind sie für Mazedonien, Moldawien, Zentralasien, den Nahen Osten und Afghanistan zuständig.

Zunächst steht die EU in zwei der schwierigsten Konfliktgebiete Afrikas geschwächt da – während erst am Montag die EU-Außenminister Sanktionen gegen Sudan androhten und die EU eine massive Ausweitung ihrer Entwicklungshilfe für Kongo beschlossen hat. Auch die UNO zählt offensichtlich auf eine stärkere europäische Rolle beim Umgang mit afrikanischen Konflikten. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sprach gestern zum Auftakt seiner ersten Auslandsreise seit seiner Amtsübernahme in Brüssel mit den Außenpolitikern der EU über aktuelle Themen wie Kosovo, Libanon, Kongo, Sudan und Somalia. Es gehe um eine „stärkere Partnerschaft zwischen der EU und der UNO“, sagte Ban Ki Moon. Javier Solana sagte, es sei eine der „wichtigsten Prioritäten“ der EU, die UNO zu unterstützen.

Ban Ki Moons erste Auslandsreise als UN-Chef hat Afrika zum Fokus. Am Freitag wird er zu Gesprächen in der Demokratischen Republik Kongo eintreffen, wo die weltgrößte UN-Blauhelmmission steht. Anfang kommender Woche wird Ban schließlich dem Staatengipfel der Afrikanischen Union (AU) in Addis Abeba beiwohnen. DOMINIC JOHNSON