Mehr Aufmerksamkeit für Bedürftige

SPONSORING Die Schörghuber-Gruppe stoppt finanzielle Zuwendungen ans Münchner Haus der Kunst

Für Unternehmer gehört es längst zum guten Ton, zeitgenössische Kunst zu fördern. Kaum ein Firmensitz, der nicht mit abstrakten Gemälden oder Grafiken geschmückt ist, um Toleranz und Weltoffenheit zu demonstrieren. Werden die Sammlungen zu groß, reicht man sie dann gerne an den Staat weiter. Die Politiker greifen gerne zu, weil eine wertvolle Kollektion ja auch immer ein „Standortvorteil“ ist.

Auch die Schörghuber-Gruppe, ein Münchner Familienunternehmen, das mit Bier, Hotels und neuerdings Lachs reüssiert, fördert seit vielen Jahren zeitgenössische Kunst. Zuletzt sponserte Schörghuber das Münchner Haus der Kunst, eine der wichtigsten Ausstellungsinstitutionen seiner Art in Europa, mit einer halben Million Euro pro Jahr und war auch Mitgesellschafter einer gemeinnützigen, öffentlich-privaten Träger-GmbH.

Doch damit ist jetzt Schluss. Zum Ende dieses Jahres lässt Schörghuber die Kunstförderung auslaufen. Der Konzern will sein philanthropisches Engagement „neu ordnen“ und sich zukünftig auf soziale Projekte konzentrieren. Seit 1992 hat das Unternehmen nach eigener Darstellung mehr als 16 Millionen Euro in den Ausstellungsbetrieb, aber auch die Einrichtung der kaufmännischen Leitung, gesteckt. Man darf annehmen, dass sich das Unternehmen in turbulenten Zeiten wie diesen von der beabsichtigten Förderung bedürftiger Münchner Kinder mehr öffentliche Aufmerksamkeit verspricht, als von der mehr oder minder „elitären“ Kunstförderung.

Der Schörghuber-Rückzug bringt das Haus der Kunst in eine missliche Lage, zumal ein weiteres Standbein wackelt: Die Vereinigung der Freundes des Hauses der Kunst, deren Vorstand heillos zerstritten ist. Keiner weiß im Moment so recht, wie es längerfristig weitergehen soll, obwohl Okwui Enwezor, der das Haus der Kunst seit 2011 leitet, keine Krise sehen will und sein Dominium in hohen Tönen preist. „Uns geht es gut. Wir genießen eine hohe Reputation als herausragendes und kritisches Zentrum der Vielfalt zeitgenössischer Kunst aus aller Welt.“

Der ehemalige Kunsttempel der Nazis an der Münchner Prinzregentenstraße ist ein gigantischer Bau und verfügt über keine eigene Sammlung. Mit der anstehenden Renovierung werden die Ausstellungsflächen noch wachsen. Die riesigen Säle, in denen man sich oft verloren vorkommt, müssen also erst einmal „bespielt“ werden. Keine leichte Aufgabe für den früheren Documenta-Chef Enwezor, zumal der gebürtige Nigerianer von populären „Blockbustern“ erklärtermaßen nichts hält. Die große Baselitz-Schau im September dürfte freilich erst mal für positive Schlagzeilen sorgen.

GEORG ETSCHEIT