Das Kino-Kommando

Tags paukt Julius für sein Examen. Nachts transportiert er einen Filmprojektor durch die Gegend. Sein ungewöhnliches Hobby: Guerilla Kino. „ Ich bin kein Filmfreak. Ich habe noch nicht einmal einen Fernseher. Ich will meine Freunde sehen, beim Filme schauen Leute treffen. Unsere Kino-Locations finden wir oft spontan. Einmal waren wir zum Beispiel im Flaschenturm. Das ist ein altes Industriegebäude in Berlin. Das Problem dort war, dass wir zwar alle durch ein Loch in den Turm hinein konnten, unser Equipment da allerdings nicht durch passte. Am Ende mussten wir doch die Tür aufbrechen.

Bei unserem ersten Guerilla-Kinoabend wollten wir im Park „Napoleon Dynamite“ zeigen, aber es fing an zu regnen. Wir haben alles unter einer Brücke aufgebaut und den Film an die Wand projiziert. Das hat ewig gedauert, wir waren noch nicht so eingespielt wie heute.

Der zweite Kinoabend lief vor einem LKW auf dem Parkplatz um die Ecke. Die Leinwand war die Plane des Wagens. Manchmal habe ich auch ein bisschen Angst. Schon zwei Mal kam die Polizei, allerdings immer zu spät. Obwohl, einmal war es ganz schön knapp: Alle waren schon vom Flaschenturm weg. Nur ich habe noch das Equipment ins Auto geladen. Kurz nachdem ich losgefahren bin, hat mich die Polizei angehalten und gefragt, was ich hier mache, wollten meinen Führerschein sehen... das Übliche halt. Ich habe gesagt, dass ich mich nur kurz mit ein paar Freunden getroffen hätte und so... zum Glück ging alles gut. Wir haben erst diesen Sommer angefangen mit dem Kino. Acht Vorführungen, ne Art Probephase, in der wir auch keinen Eintritt verlangt haben. Geld ist eh nicht Sinn der Sache, aber im Augenblick mache ich Verlust, ungefähr 20 Euro pro Abend. Manchmal bringe ich einen Kasten Bier mit, das Benzin für den Generator und die Leihgebühren für den Film gehen auch auf mich. Der Spaß ist halt nicht umsonst, außerdem ist das natürlich illegal. Hit and run. Würde uns jemand in einem Gebäude erwischen, wäre das klar Hausfriedensbruch. Wir haben auch keine Lizenz, um die Filme zu zeigen.

Immer wenn wir Kino machen wollten, haben wir Freunden und Nachbarn Bescheid gesagt. Die sollten wiederum ihre Freunde und Nachbarn einladen. Ich habe immer die Filme besorgt, die mir Bekannte empfohlen hatten, manchmal auch Tipps von Videothekangestellten oder wir haben geschaut was eben gerade da war. Es geht uns nicht darum, nur Independent-Filme vorzuführen. Natürlich ist es cool, wenn keiner der Zuschauer den Film kennt. Aber wir haben auch schon „L‘ Auberge Espanol“ geschaut. „Snatch“ würde ich auch mal gerne zeigen. Die sind in einer Gruppe einfach noch lustiger.

Neben dem Kino haben wir angefangen Guerilla-Partys zu organisieren. Vielleicht können wir in Zukunft vor unseren Partys immer erst Kino machen. Wir wollen alles noch professioneller aufziehen. Im nächsten Sommer wollen wir auch unsere Kosten decken...Vielleicht Geld einsammeln nach dem Film. Ein Internetauftritt muss her - versteckt - und ein E-Mail-Verteiler für die Einladungen. Das werden wir jetzt in der Winterpause alles planen. Bei Kälte sind geeignete Kino- oder Party-Locations sowieso kaum zu finden. Schade eigentlich. Kino im Schnee mit warmen Fellen und Getränken...das wär echt mal was besonderes.. Aufgezeichnet von

Melanie Fuchs