Bahn soll doch an die Börse

Im Streit um das Schienennetz deutete sich gestern doch noch eine Einigung an

BERLIN taz ■ Möglicherweise kommt die Bahn doch noch in dieser Legislaturperiode an die Börse. Kurz vor einem Treffen von Vertretern der Bundesregierung und Fachpolitikern der Koalitionsfraktionen im Bundestag am gestrigen Abend verkündete die Nachrichtenagentur dpa ohne Angaben von Quellen, dass es in Vorgesprächen eine Einigung gegeben habe.

Danach sollen 24,9 Prozent des Unternehmens an die Börse. Damit bekäme die Bahn das nötige Geld für Investitionen. Bahnchef Hartmut Mehdorn hatte in einem Brief an Abgeordnete unter anderem die Übernahme von osteuropäischen Bahnen schmackhaft gemacht. Das deutsche Schienennetz bleibe dem Kompromiss zufolge staatlich, dürfe aber in die Bilanz der Deutschen Bahn einfließen. Damit verblieben auch die Schulden des DB-Netzbereiches in Höhe von 12 bis 15 Milliarden Euro bei der Bahn.

Erst in der vergangenen Woche hatte Bahnchef Hartmut Mehdorn eingeräumt, dass er nicht mit einem baldigen Börsengang rechne. Die unterschiedliche Position zwischen SPD und CDU in der Frage, wer die Kontrolle über das Schienennetz erhält, schien unüberbrückbar. Bei einem Treffen im Kanzleramt am Montag soll sich die Regierung allerdings auf einen Börsengang ohne Netz festgelegt haben und Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee einen entsprechenden Auftrag erteilt haben. Das meldete zumindest die Nachrichtenagentur Reuters mit Bezug auf ein internes Papier.

Dieser Version widersprach gestern aber Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Es seien weiterhin verschiedene Varianten im Gespräch. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Olaf Scholz sagte gestern, es gebe unter den Sozialdemokraten keine einheitliche Meinung. Die Mehrheit der Abgeordneten sei aber dafür, dass es zu einem Börsengang komme. Der SPD-Abgeordnete Hermann Scheer hingegen bezweifelte, dass es eine Mehrheit für den Börsengang gibt.

Ob das Treffen der Fachpolitiker mit Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee und den Staatssekretären des Finanz- und Wirtschaftsministeriums, das gestern um 17 Uhr beginnen sollte, Parlamentarier und Regierung wieder auf eine Linie brachte, stand gestern zu Redaktionsschluss noch nicht fest. Am heutigen Donnerstag wird der Börsengang der Deutschen Bahn aber noch mal auf Spitzenebene in der Regierungskoalition diskutiert. STEPHAN KOSCH