Afrikanische Union zeigt Rückgrat

Beim Gipfeltreffen der Afrikanischen Union willigt Somalias Regierung in internationale Versöhnungskonferenz ein. Doch die geplante Friedenstruppe für Somalia leidet an mangelnder Teilnahmebereitschaft. Gegenüber Sudan bleibt die AU standhaft

AUS NAIROBI MARC ENGELHARDT

Selbst wollte Somalias Übergangspräsident Abdullahi Yusuf das Wort „Versöhnung“ zunächst nicht in den Mund nehmen. Auf dem Gipfeltreffen der Afrikanischen Union (AU) in Addis Abeba vermeldete stattdessen EU- Kommissar Louis Michel, dass der Druck von EU, USA und Arabischer Liga Früchte getragen hatte. „Wir begrüßen die Entscheidung von Somalias Präsident, Abdullahi Yusuf, eine nationale Versöhnungskonferenz abzuhalten“, sagte Michel. Italiens Premier, Romano Prodi, hatte zuvor schon Rom als Ort für Friedensgespräche zwischen der Übergangsregierung und den Islamisten angeboten, die von Yusufs Truppen mit Hilfe der äthiopischen Armee Ende Dezember verjagt worden waren.

In den kommenden Wochen sollen die Gespräche stattfinden, gegen die sich Yusuf bis zuletzt gewehrt hatte. Doch die EU blieb standhaft: Ohne Versöhnung kein Geld. Nach Yusufs Einlenken ist der Weg frei für 15 Millionen Euro, die Europa für einen afrikanischen Friedenseinsatz in Somalia zuschießen will. Doch das allein wird nicht reichen, um die auf bis zu 9.000 Mann geplante Truppe wirklich in Gang zu bringen. Bei seinem letzten AU-Gipfel verlegte sich der angesehene Präsident der AU-Kommission, Alpha Oumar Konaré, irgendwann aufs Flehen. „Afrika kann nicht darauf warten, dass andere seinen Job erledigen“, redete er den 53 Staats- und Regierungschefs ins Gewissen. „Wenn die afrikanischen Truppen nicht schnell in Somalia landen, wird es chaotische Zustände geben.“ Die Gewalt in der Hauptstadt Mogadischu nimmt seit Tagen zu. Dass Äthiopien den umgehenden Abzug eines Drittels seiner Truppen angekündigt hat, erhöht den Druck auf die alleine weitgehend machtlose Übergangsregierung nur noch.

Doch es fehlt an allem, auch an Soldaten. Uganda hat 1.500 zugesagt, Nigeria und Malawi wollen je 1.000 Mann entsenden. Ghana, Tansania und Ruanda überlegten am Nachmittag noch. Das Problem: Die Regierungen sollen selbst für den Sold der Truppe aufkommen. Anders als bei Blauhelm-Einsätzen, wo der großzügige UN-Sold den Staatssäckel entlastet, können sich das nur wenige Länder leisten. Andere, wie Südafrika, sind schon an anderen Krisenherden eingespannt. Als Erfolg wurde so schon gefeiert, dass Algerien ugandische und ruandische Soldaten an die Front fliegen will. Auch die USA haben der AU Hilfe aus der Luft zugesagt.

Wie kontraproduktiv eine unterfinanzierte Friedenstruppe sein kann, weiß die AU von ihrem Einsatz in Darfur. Die in der westsudanesischen Krisenregion stationierten 7.500 Soldaten galten Khartums Regierung auch bei diesem Gipfel als willkommenes Feigenblatt, um einen Einsatz von UN-Blauhelmen abzuweisen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon biss sich anderthalb Stunden lang an Sudans Präsident Omar el Beshir die Zähne aus. Der „große Showdown“, den Bans Mitarbeiter vorher angekündigt hatten, blieb ebenso aus wie die konkreten Zusagen, die Ban selbst vor großem Auditorium von Sudans Regierung gefordert hatte.

Doch der Gegenwind innerhalb der AU wird schärfer. Zum zweiten Mal in Folge verweigerte der Gipfel Beshir den Vorsitz des Staatenbundes. Zähneknirschend akzeptierte Beshir, dass stattdessen Ghanas Präsident John Kufuor das Amt übernimmt, selbst ein lautstarker Sudan-Kritiker. Auch AU-Spitzenmann Konaré hielt sich in seiner Rede nicht zurück: „Sudans Regierung muss die Bombardements und Massaker in Darfur umgehend beenden.“ So zeigte die AU bei ihrem achten Gipfel zwar wenig Handlungsfähigkeit, aber zumindest Rückgrat.