Gericht verhandelt atomare Zwischenlager

Kläger befürchten, dass Hallen in Krümmel und Brunsbüttel einem Terrorangriff nicht standhalten würden. Am Abend zeichnet sich ab, dass die Klage abgewiesen wird, weil die Anwohner keine Schutzrechte geltend machen können

Das Oberverwaltungsgericht Schleswig (OVG) hat gestern Abend durchblicken lassen, dass es die Klagen zweier Anwohnerinnen gegen die Atommüll-Zwischenlager in Krümmel und Brunsbüttel abweisen werde. So interpretierte der Anwalt Ulrich Wollenteit die Andeutungen des Gerichts. Demnach könnten die beiden Frauen keinen Schutz vor Anschlägen Dritter auf die Lagerhallen einklagen.

„Das ist eine bedauerliche Entscheidung“, sagte Wollenteit. Sie widerspreche der Rechtsprechung anderer Gerichte. Nicht zuletzt deshalb würden die Richter wahrscheinlich eine Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht zulassen. Den Hinweisen des Gerichts zufolge, müssten die Betreiber der Zwischenlager zwar grundsätzlich einen Schutz etwa vor Terroranschlägen gewährleisten, sagte der Anwalt. Den Anwohnern habe der Gesetzgeber aber keine diesbezüglichen Klagerechte eingeräumt.

In dem Prozess geht es um eine Folge des Atomkonsenses zwischen der damaligen rot-grünen Bundesregierung und den vier größten Energiekonzernen. Im Jahr 2000 hatten sie vereinbart, dass ab Juli 2005 keine verbrauchten Brennelemente mehr in die Wiederaufarbeitungsanlagen Sellafield und La Hague transportiert werden sollten. Stattdessen müssen sie in „Standort-Zwischenlagern“ auf dem Gelände des jeweiligen Kraftwerks aufbewahrt werden, bis die Bundesregierung ein Endlager gefunden hat.

Die Zwischenlager in Brunsbüttel und Krümmel sind seit November 2006 in Betrieb. Es handelt sich um große Stahlbetonhallen mit dicken Wänden. Sie sollen auch Angriffen, wie dem gezielt verursachten Absturz eines Flugzeuges, etwas entgegenzusetzen haben. Die Wände der Brunsbütteler Halle sind 1,2 Meter dick, die Decke 1,3 Meter und der Boden 1,5 Meter.

„Sowohl die mechanischen Belastungen des Aufpralls eines voll betankten Verkehrsflugzeuges als auch das Szenario eines drohenden Kerosinbrandes wurden untersucht“, teilte der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, Wolfram König, bei der Genehmigung mit. „Eine erhebliche Gefährdung von Leben und Gesundheit infolge Direktstrahlung oder der Freisetzung einer erheblichen Menge radioaktiver Stoffe ist ausgeschlossen.“ Die Klägerinnen sehen das anders.

Sie verweisen auf ein Gutachten, das belege, dass das Risiko eines Flugzeugabsturzes nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Auch ein Beschuss der Atommüllbehälter etwa mit einer Panzerfaust sei nicht durchkalkuliert worden.

Wie die Umweltorganisation Robin Wood kritisieren die Klägerinnen, dass die Hallen mit Lüftungsschlitzen ohne Filter gebaut wurden. Sollten die Castoren undicht werden, könnte Radioaktivität nach draußen dringen. Die Langzeitsicherheit der Behälter sei bloß rechnerisch ermittelt worden. Außerdem stünden für Reparaturen an den Atommüllcontainern keine abgeschotteten Reparaturräume zur Verfügung. Gernot Knödler