Besser durchatmen in der Zone

VERKEHR Leipzig ist nach Berlin erst die zweite Stadt in Ostdeutschland, die eine Umweltzone einführt

Der Termin: Am 1. März 2011 richtet die Stadt Leipzig eine Umweltzone ein, in die nur schadstoffarme Fahrzeuge hineinfahren dürfen.

Die Zone: Die ersten Umweltzonen in Deutschland wurden im Jahr 2008 eingeführt, darunter in Berlin, München, Dortmund und Köln. Derzeit gibt es in knapp fünfzig deutschen Städten Umweltzonen.

Mit Zone: Leipzig, Wuppertal, Oberhausen, Münster, Gelsenkirchen, Essen, Düsseldorf, Duisburg, Bonn, Bochum, Osnabrück, Hannover, Bremen, Frankfurt am Main, Regensburg, München, Augsburg, Ulm, Tübingen, Stuttgart, Mannheim, Karlsruhe, Freiburg und Heidelberg

VON RICHARD ROTHER

Umweltzone – lange Zeit war es ruhig geworden um die Einrichtung solcher Gebiete in deutschen Städten, in die übermäßig Schadstoff ausstoßende Fahrzeuge nicht hineinfahren dürfen. In diesem Frühjahr aber bekommt sie neuen Auftrieb: Leipzig, nach Berlin und neben Dresden die wichtigste Stadt in Ostdeutschland, richtet am 1. März eine Umweltzone ein. Und zwar nicht nur im Zentrum, sondern auf knapp zwei Drittel des Stadtgebietes.

Leipzig begründet die Einrichtung der Umweltzone mit dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung. In den vergangenen Jahren sei der Tagesgrenzwert für Feinstaub an mehr als den zulässigen fünfundreißig Tagen pro Jahr überschritten worden, auch der seit dem vergangenen Jahr geltende Grenzwert für das Stickoxid-Jahresmittel werde permanent überschritten, argumentiert die Kommune. Betroffen seien hiervon in der Regel stark befahrene Straßen. Feinstaub und Stickoxid seien ein Gesundheitsrisiko; sie bewirkten eine Zunahme von Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Der Straßenverkehr sei Hauptverursacher für Luftschadstoffe und sei für 40 Prozent der betreffenden Feinstaub- und 75 Prozent der Stickoxid-Emissionen verantwortlich.

In die Leipziger Umweltzone dürfen nur Fahrzeuge mit grüner Plakette fahren. Damit hat Leipzig neben Berlin und Hannover die schärfste Regelung in Deutschland. Eine grüne Plakette können alle Autos mit Benzinmotor plus Katalysator erhalten und Dieselfahrzeuge mit Euro-4- und Euro-3-Norm. Generell vom Leipziger Fahrverbot ausgenommen sind Mopeds und Motorräder, Traktoren und Bagger, Krankenwagen und Oldtimer sowie Fahrzeuge von Polizei, Feuerwehr und Bundeswehr.

Auf Antrag können Leipziger und Besucher von einer der weitreichenden Ausnahmeregelungen profitieren, sollten sie keine Plakette bekommen. So können Berufspendler, die ungünstige Arbeitszeiten oder eine schlechte Anbindung an das öffentliche Verkehrssystem haben, eine solche Ausnahmegenehmigung erhalten, falls ihr Fahrzeug nicht nachrüstbar und ein – zumeist teurer – Ersatz nicht zumutbar ist.

Großzügige Ausnahmeregeln gelten für den Fuhrpark von Firmen. Diese müssen sich verpflichten, Schritt für Schritt ihre Fahrzeuge mit grünen Plaketten auszurüsten. So müssen zum Start der Umweltzone nur 30 Prozent der Nutzfahrzeuge einer Firma eine grüne Plakette haben, erst in drei Jahren müssen diese alle Fahrzeuge haben.

Die Umweltzonen in Deutschland sind regional unterschiedlich verteilt. Die meisten dieser Zonen gibt es in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, wo auch kleinere Städte Stinkern die Einfahrt verwehren. In Nord- und Ostdeutschland sowie in Bayern und Hessen gibt es nur wenige Umweltzonen. Und ein Blick auf die weißen Flecken einer entsprechenden Deutschlandkarte des Umweltbundesamtes in Dessau verrät: Für viele große und wichtige Städte sind sie ein rotes Tuch – etwa für Hamburg, Kiel, Lübeck, Schwerin, Rostock, Stralsund, Greifswald, Lüneburg, Oldenburg, Emden, Braunschweig, Wolfsburg, Göttingen, Kassel, Fulda, Darmstadt, Wiesbaden, Bielefeld, Koblenz, Mainz, Saarbrücken, Kaiserslautern, Konstanz, Passau, Nürnberg, Würzburg, Erfurt, Jena, Chemnitz, Dresden, Görlitz, Halle, Magdeburg, Dessau, Cottbus und Potsdam.

Dass viele Kommunen zögern, Umweltzonen einzurichten, mag auch daran liegen, dass die durch Fahrverbote erzielbaren Feinstaubreduktionen überschaubar sind. Nach Angaben des Umweltbundesamtes lässt sich dadurch die jährliche Belastung durch entsprechende Feinstäube um bis zu 10 Prozent verringern; die Zahl der Tage, an denen die Grenzwerte der Feinstaubemissionen überschritten werden, lässt sich demnach um rund 25 Prozent reduzieren.

Kleinfeueranlagen in Deutschland stoßen so viel Feinstaub aus wie die Motoren aller Pkws und Lkws zusammen

Grund dafür ist: Die Quellen des Feinstaubs sind vielfältig. Die wichtigsten sind Verkehr, Landwirtschaft, Industrie und Heizungsanlagen. Zudem gibt es wichtige natürliche Feinstaubquellen: Sandstürme in der Sahara, Waldbrände, Vulkanausbrüche, die große Mengen Staub in die Atmosphäre bringen. Im Straßenverkehr entsteht Feinstaub nicht nur in den Verbrennungsmotoren – vor allem in Dieselfahrzeugen –, sondern er wird auch durch den Abrieb von Reifen und Bremsen erzeugt. Zudem wirbeln die Fahrzeuge während der Fahrt den auf der Straße liegenden Staub auf.

Das bedeutet aber: Ob die Feinstaubbelastung vor Ort groß oder klein ist, hängt wesentlich auch vom Wetter ab. Wenn es regnet, wird Staub ausgewaschen. Ist es windstill, verbleibt der Feinstaub in der Stadt und wird immer wieder neu aufgewirbelt. Andererseits können anhaltende Winde Staubmengen über große Strecken in die Städte tragen – auf diese Weise landet Feinstaub aus polnischen Kraftwerken in Berlin.

Nutzlos sind Umweltzonen dennoch nicht. Zwar können die Menschen weder das Wetter noch natürliche Feinstaubquellen beeinflussen – aber Umweltzonen können dabei helfen, die vom Verkehr in den Städten ausgehenden Emissionen zu reduzieren. Selbstverständlich kann auch jeder Einzelne etwas gegen Feinstaubemissionen tun – zum Beispiel auf Kamin- und Lagerfeuer sowie auf das Silvesterfeuerwerk verzichten. Dass das kein Pipifax ist, zeigt ein Vergleich: Die Öfen und Kamine in Haushalten und Kleingewerbe stoßen in Deutschland nach Angaben des Umweltbundesamtes jährlich etwa so viel Feinstaub aus wie die Motoren sämtlicher Pkws, Lkws und Motorräder zusammen.