LESERINNENBRIEFE
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Ein bisschen Illusion brauchen wir

■ betr.: „Fehler. Fehler. Fehler“, taz vom 24. 2. 11

Auf was werden eigentlich Beamte/Politiker vereidigt? Ist das einklagbar? Blöd, wenn „die Bevölkerung“ dem „von irgendwoher“ Minister zugesteht oder sympathisch findet, dass er negativ „menschliche“ Züge trägt, im Sinne von beschummeln, bisschen lügen, vielleicht etwas „Vetternwirtschaft“, macht doch jeder irgendwie, show must go on! Nur, ein Politiker sollte (Oh, hohes Ideal) nicht wie „jeder“ sein.

Politik lässt sich nachschlagen als: berechnendes Verhalten; meint im Idealfall, abwägen nach allen Richtungen, vor der Tat. Dem Politiker kann ich jede Tat als bewusst gewählt unterstellen, das ist sein Job.

Heißt, Guttenberg ist als Politiker verpflichtet abzuwägen, wie viel Genauigkeit (will nix unterstellen) er bezüglich Doktorarbeit walten lässt. Ergebnis bekannt.

Mag sein, dass er in seiner „Berufs-Politik“ mit anderem Maße misst. Mag sein, er unterschätzte die „Kontrollen“, so wie auch klar lobbyistisch abwägende Politiker (Beispiel Merkel) mancherlei unterschätzen. Nur bitte, von Seiten der Gesetzgebung, auch der innerparteilichen Regularien, sollte nicht so offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen werden (s. unter anderem „Kasper. Guttenberg“,taz vom 24. 2. 11).

Ein bisschen Illusion brauchen wir Wähler noch.

HENDRIK FLÖTING, Berlin

Nicht schön

■ betr.: „Raubbau an der Demokratie“, taz vom 25. 2. 11

Wie stehen Lehrer da, die Schülern Ehrlichkeit und engagiertes Arbeiten vermitteln? Was bedeutet es für Menschen, die ihren Doktortitel durch Forschen und Recherchieren ehrlich erarbeiten? Das wird nicht schön in unserem Land.

Wir bekommen die Söldner, die KTzG aus dem Angebot der Bild-Zeitung auswählt. Sie mögen keine Ausländer, sie mögen keine Schwulen und Lesben. Sie hantieren mit Kettensägen. Da könnte es ja noch attraktiv werden, nach Italien auszuwandern. Das dürfen wir nicht zulassen.

KLARA GEILENKIRCHEN, Bonn

Kopftuch-Verbot

■ betr.: „Aufstand der Unanständigen“, taz vom 24. 2. 11

Das Kopftuch-Verbot für Lehrerinnen im Unterricht wurde, anders als Herr Bahners meint, nicht mit dem Verdacht begründet, unter dem Tuch könne sich eine terroristische Gesinnung verbergen, sondern mit dem Gebot religiöser Neutralität. Zu rechtfertigen ist ein solches Verbot aber allein aus der Tatsache, dass es sich dabei um eine religiös begründete, einseitig Frauen zugemutete Bekleidungsvorschrift handelt, die dazu dient, den weiblichen Körper zu kontrollieren. Aber davon fühlt sich Herr Bahners natürlich nicht tangiert.

CLAUDIA PINL, Köln

Regelungen zur Ermäßigung

■ betr.: „Die Hartz-IV-Mogelpackung“, taz vom 22. 2. 11

Die Hartz-IV-Regelsätze sind menschenverachtend niedrig. Da bessert auch eine kaum spürbare Erhöhung und eine 10-Euro-Zulage für Kinder nichts nach. So weit d’accord.

Dennoch sind eure Beispiele, was denn alles mit den zusätzlichen zehn Euro nicht möglich sein soll, aus der Luft gegriffen und schlichtweg falsch. Schon einmal darüber nachgedacht, dass es auch in Familien jenseits der Hartz-IV-Grenze (aus finanziellen Gründen) nicht selbstverständlich ist, Ballett- oder Klavierunterricht zu nehmen? Zudem: An der zitierten Koblenzer Musikschule wäre zum Beispiel der Klavierunterricht für ein Kind, dessen Familieneinkommen der Sozialhilfe entspricht, komplett kostenfrei. Häufig finden auch Sportvereine Regelungen zur Ermäßigung.

THOMAS REELSEN, Paderborn

Raubbau findet seit Jahren statt

■ betr. „Raubbau an der Demokratie“, taz vom 25. 2. 11

„Raubbau an der Demokratie“ wird nicht erst neuerdings durch das Festhalten der Kanzlerin an ihrem Verteidigungsminister betrieben, er findet seit Jahren statt, und alle Parteien sind beteiligt. Dazu tragen Grüne bei, die zu Beginn der rot-grünen Regierungszeit wider besseres Wissen erklärten, der Atomausstieg sei „unumkehrbar“, und später zusammen mit der SPD die Axt an die staatliche Rentenversicherung legten, ebenso wie eine CDU, die sich von Industrielobbyisten diktieren lässt, wie die Energieversorgung der nächsten Jahrzehnte auszusehen hat. All dies unterminiert kontinuierlich das Vertrauen darauf, dass Entscheidungen fair, transparent, mit Weitblick und wissensbasiert getroffen und versprochen umgesetzt oder andernfalls Konsequenzen gezogen werden – und steigert die Sehnsucht nach „Lichtgestalten“ oder „Machern“ wie zu Guttenberg. Nicht zuletzt trägt dazu auch die taz bei, die Regierungswechsel immer noch als Neuanfänge und Reformprojekte charakterisiert, obwohl sich in der Regierungspraxis in der Regel nur Nuancen ändern. MARKUS HOLT, Haltern am See