Das Wiesenmeer, die Investoren und eine endlose Leere

Die SPD lädt Anwohner zur Diskussion über die künftige Nutzung des Flughafens Tempelhof. Doch raumfüllende Ideen bleiben Mangelware

Der Raum füllt sich nur zögerlich. Dabei geht es hier um die größte Leerstelle der Stadt: das Areal des Flughafens Tempelhof. „Ich dachte, der ganze Laden ist voll hier“, wundert sich einer der Ersten, die am Mittwochabend in den Sitzungssaal im Rathaus Schöneberg kommen. Andere treffen später auf bekannte Gesichter, setzen zum politischen Smalltalk an. Man kennt sich.

Kurz darauf trifft auch Christian Gaebler ein. Der verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus wirkt entspannt. Dabei hat er Bürgerinnen und Bürger zur Debatte über brisantes und emotionsbeladenes Thema geladen. „Nachnutzungskonzepte für das Areal des Flughafens Tempelhof“ lautet der etwas akademische Titel der Veranstaltung. Korrekter wäre gewesen: fehlende Nachnutzungskonzepte. Denn „konkret ist in Sachen Tempelhof immer noch nichts“, weiß Gaebler.

Mehrheit will Schließung

Selbst der Schließungstermin ist weiter offen. Am 12. Februar wird das Oberverwaltungsgericht über die Klage verschiedener Fluglinien zum Weiterbetrieb des Flughafens entscheiden. Laut Senat soll am 31. Oktober 2008 Schluss sein. Ein Jahr später als zuletzt geplant und von vielen Anwohnern des innerstädtischen Areals erhofft. Rund 40 von ihnen haben sich schließlich in dem Sitzungsraum des Rathauses eingefunden. Die große Mehrzahl ist für die Schließung. Die an einer Hand abzählbaren Gegenredner werden scharf attackiert: „Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, jeden Tag in Kauf zu nehmen, dass ein Flugzeug mitten in der Stadt abstürzt!“, erzürnt sich eine etwa 50-Jährige. „Der Flughafen hat Berlin mit der Luftbrücke gerettet. Den kann man nicht einfach schließen“, hebt ein Fürsprecher die historisch-emotionale Komponente des Areals hervor. Unsicherheit wird in den Reihen deutlich, die Angst vor dem Weiterbetrieb.

Fest steht, dass das 380 Hektar große Areal im Flächennutzungsplan schon nicht mehr als Flughafen geführt wird. Pläne für die Nachnutzung sind also nötig. Doch „ohne die sichere Einstellung des Flugbetriebes können wir keine Konzepte leisten“, erklärt Reinhard Janke, Sprecher im Bereich Stadtplanung der SPD in Tempelhof-Schöneberg.

So bleibt Gaebler nicht mehr, als über Ideen zu sprechen. „Im Zentrum des Geländes könne ein Wiesenmeer erhalten bleiben“, führt er aus, „eine große parkähnliche Grünfläche, die als Erholungsort und Klimaregulator wirken kann.“ In den Randzonen seien „schrittweise auch städtebauliche Maßnahmen“, also Wohn- und Geschäftshäuser möglich. „Natürlich sind auch private Investoren willkommen“, ergänzt Janke, „aber das vorgeschlagene Konzept muss mit einem vertretbaren Risiko vereinbar sein.“

Investoren wollen Luxus

Ideen hierfür gab es bereits, allerdings nur solche, die den Flugbetrieb weiterführen würden. Der Investor Fred Langhammer würde gern aus dem Flughafen ein ambulantes Gesundheitszentrum mit angeschlossener Luxusklinik für Privatpatienten machen. Bahnchef Hartmut Mehdorn kündigte hierfür sogar Unterstützung an, plante, den Flughafen betreiben zu wollen. Schon im Jahr zuvor hatte Hans Rudolf Wöhrl, Textilunternehmer und Eigentümer der dba, Interesse gezeigt. Er wollte den Flughafen privat verlustfrei weiterbetreiben. Doch nicht einmal seine Fluglinie blieb ohne Verluste. Er hat sie mittlerweile verkauft.

Die Zukunft des Flughafens Tempelhof bleibt ein großes Fragezeichen. Denn wie soll man planen, wenn nicht einmal sicher ist, ob und ab wann das Gelände zur Verfügung steht? So kommt denn auch von den Gästen der Diskussionsrunde lediglich ein konkreter Vorschlag: Die Freie Universität und die Humboldt-Uni könnten dort Vorlesungen und Seminare abhalten. Doch selbst dies erscheint Gaebler angesichts der breiten Gänge und kleinen Räume in dem denkmalgeschützten Gebäude eher unrealistisch.

Die Weite des Flugfeldes schreit nach einer Idee. Doch der Raum füllt sich nur zögerlich.

Nadine Kleber