KOMMENTAR: EIKEN BRUHN ÜBER GAZA-DEMOS
: Beredtes Schweigen

Anders als 2009 findet sich ein Hinweis auf die Palästina-Demo weder auf der Homepage der Schura noch auf der der Linkspartei. Sie und der islamische Dachverband haben offenbar gelernt, dass eine einseitige Schuldzuweisung mit antisemitischen Untertönen ihnen keine Freunde macht. Verprellen wollen sie aber auch niemanden.

Anders ist das beredte Schweigen zu der Demo vor zehn Tagen, bei der ein Mann lebensgefährlich verletzt und ein taz-Redakteur angegriffen wurde, nicht zu erklären. Die Schura täte gut daran, sich von denen zu distanzieren, die ihre auf der Straße ausgetragenen Aggressionen mit „Allah ist groß“-Rufen begleiten. Denn wie den Kommentaren zum taz-Artikel über die Demo zu entnehmen ist, dient dies RassistInnen als Einfallstor, die schon immer gewusst haben wollen, dass Muslime eine Gefahr für die deutsche Gesellschaft bedeuten.

Genauso könnte die Linksfraktion als Opposition den SPD-Innensenator mit Fragen zu der eskalierten Demo und zum Polizeiverhalten quälen. Der einzige, der sich als Parlamentarier dazu geäußert hat, ist der innenpolitische Sprecher der CDU, der in der Bild-Zeitung „alle Härte“ fordert. Man kann nur hoffen, dass es bei dieser Äußerung bleibt. Die Debatte, von den Falschen angeschoben, könnte dazu genutzt werden, „Multi-Kulti-Auswüchse“ und Probleme mit „kriminellen Migranten“ zu behaupten.

Traurig auch, dass die Medien die ausführliche Berichterstattung der Bild überlassen, die von 8.000 „Israel-Hassern“ auf der heutigen Demo fantasiert. Vielleicht denken die Kollegen so wie die dpa-Redakteurin: Der taz-Redakteur habe doch wohl „provoziert“, sagte sie vor zehn Tagen am Telefon. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass in Deutschland ein Journalist attackiert wird, einfach weil er seine Arbeit tut.