bücher für randgruppen
: Zum Erfolg gehört die Sprache des Erfolgs: Armin Reins’ Buch „Corporate Language“

Nicht alle Produkte sind gleichermaßen beliebt. Das liegt bekanntlich nicht unbedingt am Produkt selbst, es kann auch die Sprache sein, die über Erfolg oder Misserfolg einer Marke entscheidet. Hierzulande besonders unpopulär ist zurzeit unbestritten US-Präsident Bush. Kürzlich studierte ich die Website eines seiner größten Promoter, des Direktors des Aspen-Instituts, Jeffrey Gedmin. Als Bushs „beste politische Entscheidung“ bezeichnete er am 27. Dezember 2006 den Entschluss, Rumsfeld zu feuern. Gedmin mochte „Rummy“, wie er ihn beinahe zärtlich nennt: „Ich habe aber nie verstanden, weshalb er mit aller Gewalt darauf bestand, weitere US-Truppen in den Irak zu schicken.“ Nur vierzehn Tage später heißt es: „Der Präsident soll heute verkünden, dass er 20.000 bis 30.000 weitere US-Soldaten in den Irak schicken wird. Ich habe bislang noch von keiner überzeugenden Alternative gehört.“

Verwirrt fragte ich per Mail nach: „Verstehen Sie nach wie vor nicht, weshalb Rumsfeld weitere Truppen in das Land schicken wollte, oder finden Sie es gut, weitere Truppen in den Irak zu schicken?“ Umgehend antwortete Jeffrey Gedmin: „Sie haben Recht! In der Kolumne vom 27. 12. 06 war das ein Fehler. Ich meinte das Gegenteil. Nun meine Befürchtung: too little, too late. Und ja, leider sehe ich im Moment keine vernünftige Alternative. Sehen Sie das anders?“

„Too little, to late“ klingt wirklich sehr gut. Es klingt wie ein Teil der CL, der Corporate Language, dem der Textschmieder Armin Reins ein üppiges Buch mit vielen spannenden Beispielen gewidmet hat. Erfreulicherweise hat Reins sich nicht nur mit den erfolgreichen, sondern auch den missglückten Exempeln beschäftigt. Präventiv hat der Texter, der selbst zahlreiche Kampagnen für Coca-Cola, Clerasil oder Shell konzipierte, seine Kompositionen wie „CL-Copy-Check“ und „CL-Sprachzwiebel“ urheberrechtlich schützen lassen. Das ist schade, denn es wäre doch garantiert eine Riesenwerbung für Reins, wenn beispielsweise Günter Grass ein Buch mit dem Titel: „Meine CL-Sprachzwiebel“ veröffentlichen würde. Doch in Werbekreisen dominiert immer noch diese kontraproduktive, alberne Angst vor geistigem Diebstahl. O. k., es geht offensichtlich um Riesensummen wie bei Michael Buffer, der mit dem Satz „Let’s get ready to rumble“ 750 Millionen Dollar verdient hat. Erfolg hatte aber auch O. J. Simpson, der nach Ansicht von Reins die Geschworenen von seiner Unschuld mit dem Satz überzeugte: „If the glove doesn’t fit – you have to quit.“ Viele solcher Beispiele präsentiert der Autor in Interviews mit Hirnforschern und Marketingspezialisten.

Sehr schön zu studieren ist das „Sprach-Stilgruppen-Modell im Praxistext“: Fünf Texter entwickeln fünf Kampagnen für ein stilles Mineralwasser. Da gibt es dann eine etwas bemühte Satire für den „Wertorientierten“, der seine Überlegenheitsgefühle motiviert, indem er historischen DDR-Mief mit der Reinheit des Ostharzer Wassers kontrastiert, und eine für den „Trendorientierten“, dem durch die Texterin ein gewisses kritisches Bewusstsein unterstellt wird: Unser Wasser sollte nicht – wie schon Benzin – in die Hände von Monopolisten geraten.

Da fiel mir Jürgen Trittin ein, der angesichts der „Fünf DM für einen Liter Benzin“-Kampagne seinerzeit konterte, warum sich niemand über den öden Kaffee im 0,3-l-Pappbecher beschwere, den die Deutsche Bahn für fünf Mark serviere. Eigentlich sehr witzig, aber möglicherweise viel zu defensiv, würde ich nach der Lektüre von „Corporate Language“ denken. Künasts peinlicher „Merkel-Murks“-Slogan klingt angesichts von Merkels Erfolg um die Freilassung von Murat Kurnaz ja auch irgendwie ungerecht. Vielleicht könnten die Grünen im Zuge der neuen Begriffs- und Bedeutungsänderungen Elemente von „too little, too late“ für ihre nächste Wahlkampagne einsetzen? Herr Reins, bitte übernehmen Sie! WOLFGANG MÜLLER

Armin Reins: „Corporate Language“. Hermann Schmitz Verlag, Mainz 2006, 400 Seiten, 49,80 Euro