Kohle: Werner wartet weiter

Am Mittwoch wird wieder um die Zukunft der Steinkohle gestritten. Offiziell besteht das Land weiter auf einem Ausstieg im Jahr 2014. Wenn das Geld stimmt, kann es aber länger dauern

„Wir akzeptieren nur Papiere, die von allen Beteiligten unterschrieben sind“

VON KLAUS JANSEN
UND HOLGER PAULER

Der Mann, um dessen Zukunft alle streiten, hatte es gestern eilig. Statt wie angekündigt Stellung zu nehmen zum Konflikt um die Zukunft der deutschen Steinkohle, verschwand Werner Müller gestern nach Ende einer Konferenz mit den Kohle-Betriebsräten zügig aus der Oberhausener Luise-Albertz-Halle. Der Boss der RAG habe dringende Termine, hieß es zur Begründung. Tatsächlich wusste Müller wohl auch nicht, was er zum Stand der Gespräche hätte sagen sollen: Zu chaotisch verliefen am Tag nach der Großdemonstration von 10.000 Kohlekumpeln vor dem Düsseldorfer Landtag die Fronten im Kampf um deren Zukunft.

Fest steht nur, dass schon nächste Woche weiter verhandelt werden soll. Nach Angaben eines nordrhein-westfälischen Regierungssprechers wird Ministerpräsident Jürgen Rüttgers am kommenden Mittwoch in Berlin auf einem weiteren Gipfeltreffen mit Müller, Vertretern der Bundesregierung und der Gewerkschaft IG BCE zusammenkommen.

Den Christdemokraten, der den zu Wochenbeginn für das Jahr 2018 ausgehandelten Ausstieg gerne um vier Jahre vorziehen möchte, erwartet ein frostiger Empfang: „Die Bergleute und die RAG sind sehr enttäuscht von Rüttgers“, sagte IG BCE-Chef Hubertus Schmoldt, der in Oberhausen auch ohne Müller vor die Presse trat. „Der Ministerpräsident sollte den alten Bergmann-Kodex befolgen, auch das zu tun, was er verspricht.“ Der Gesamtbetriebsratschef der deutschen Steinkohlearbeiter, Ludwig Ladzinski, kündigte erneute Demos für den Fall an, dass sich Rüttgers weiter gegen eine Einigung sperre und so einen Börsengang der RAG gefährde: „Ein Ausstieg schon 2014 bedeutet Kündigungen, eine Zerschlagung der RAG und einen Verkauf der Einzelteile an Heuschrecken-Investoren“, sagte er.

Die nordrhein-westfälische Landesregierung war gestern hingegen bemüht, den Eindruck zu widerlegen, dass Rüttgers eine bereits gegebene Zustimmung revidieren wolle. Bei der entscheidenden Sitzung des Koalitionsausschusses in Berlin sei der Ministerpräsident überhaupt nicht anwesend gewesen, hieß es aus Regierungskreisen. Kanzleramtsminister Thomas de Maizière habe den Termin gegen den Willen des Ministerpräsidenten nachträglich in das Eckpunktepapier eingefügt. „Wir akzeptieren nur Papiere, die von allen Beteiligten unterschrieben sind“, sagte CDU-Landtagsfraktionsvize Christian Weisbrich der taz.

Die Düsseldorfer Staatskanzlei kündigte an, mit der Forderung eines Ausstiegs im Jahr 2014 in die nächste Verhandlungsrunde zu gehen – obwohl die Gewerkschaftsvertreter dies weiter als „absolut inakzeptabel“ bezeichnen. Hinter den Kulissen zeichnet sich jedoch eine mögliche Einigung ab: So berichtete die Wirtschaftswoche unter Berufung auf Berliner Regierungskreise, dass der Bergbau zwar bis 2018 weiterlaufen, Nordrhein-Westfalen aber schon zwei Jahre früher von den Subventionszahlungen befreit werden könne. Weil dieses Szenario den Bund 780 Millionen Euro mehr kosten würde, muss Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) dem allerdings zustimmen. Ein Sprecher Steinbrücks wollte den Bericht gestern nicht bestätigen, verwies jedoch darauf, dass sich der Minister als „Brückenbauer zwischen den Streitparteien“ verstehe.

Die Landesregierung könnte an einer solchen Lösung offenbar Gefallen finden: „Es gibt keinen Streit ums Datum, sondern ums Geld“, sagte CDU-Kohlepolitiker Weisbrich. „Entscheidend ist, wer nach 2018 für die Folgekosten des Bergbaus aufkommt.“