Diego, TORERZIELER
: Pflaster auf die Wunde

■ 26, hat seinen Denkzettel genutzt. So wird ihm der VfL auch in Zukunft wohl noch einiges durchgehen lassen.

An Freistößen hat er weiter Freude. Bei den Elfmetern aber kommt selbst Diego, dieser Dribbelkünstler mit dem unerschütterlichen Selbstvertrauen, ins Grübeln. „Wir werden sehen, ob ich noch einmal schieße“, sagte jener Mann, der am Freitag erneut bei dem Versuch gescheitert war, einen Strafstoß zu verwandeln. „So etwas darf nicht wieder vorkommen. Das kann ich unserem Team nicht antun“, versicherte Diego und verspürte nach seinem Fauxpas das Verlangen, im Trikot des VfL Wolfsburg etwas gutzumachen.

Seine beiden folgenden Tore zum 2:1-Heimsieg gegen Borussia Mönchengladbach kamen wie eine Rehabilitation auf höchstem Niveau daher. Das Dumme für Diego ist: Trotz wunderschöner Tore wie dem Freistoß-Treffer zum 2:0 gegen Gladbach wird der Brasilianer in den meisten Stadien der Fußball-Bundesliga offen angefeindet. Weil er sich gerne mit Gegenspielern streitet. Weil er die Schiedsrichter in Diskussionen verwickelt. Und weil ihm immer noch unterstellt wird, dass er häufiger zu Boden geht, als notwendig. In Wolfsburg, wo im Kampf gegen den Abstieg jedes Mittel recht ist, nehmen ihm die Fans nichts dergleichen übel.

Ein genialer Freistoß, herrlich in den linken Torwinkel gezirkelt, wirkte wie ein Pflaster auf die jüngsten Wunden. Denn Diego war wegen Disziplinlosigkeiten auf dem Platz, als er im Auswärtsspiel bei Hannover 96 einen Elfmeter eigenmächtig ausführte und verschoss, für ein Spiel suspendiert worden. „So etwas wird nicht wieder vorkommen“, versichert Wolfsburgs Kapitän Marcel Schäfer nach einem Gespräch mit dem Übeltäter.

Es mutet ein wenig merkwürdig an, dass ein vermeintlicher Star wie Diego in Wolfsburg erst wieder eingenordet und wachgerüttelt wurden muss. Aber unter der Regie des erfolglosen Cheftrainers Steve McClaren hatte sich der eigentliche Regisseur in einem nicht funktionierenden Spielsystem immer wieder festgerannt. „Wir haben ihn darauf hingewiesen, dass er seine Pässe früher spielen muss“, sagt Pierre Littbarski, der McClaren für den Übergang bis zum Sommer beerben durfte. Unter dem neuen Trainer darf sich Diego als Mann zwischen Mittelfeld und Angriff wieder frei austoben. Und weil er eine der wenigen spielerischen Komponenten ist, die die Partie im Alleingang entscheiden kann, werden sie ihm noch so manche Frechheit durchgehen lassen.

Einen Mann wie Diego für ein Spiel zu suspendieren ist ein riskantes Spiel. Aber der Brasilianer reagierte nicht bockig, sondern hat den Denkzettel genutzt und als eine Art Gebrauchsanweisung verstanden. Weniger meckern und treten, mehr im Dienst der Mannschaft kicken: Wenn es so läuft, kann aus dem teuren Neuzugang Diego am Ende doch noch die gewünschte wertvolle Verstärkung werden.CHRISTIAN OTTO