„Noro ist kein Killervirus“

Nur für wenige Menschen kann der grassierende Krankheitserreger lebensbedrohlich werden, urteilt Infektionsexperte Klaus Stark. Dennoch sollten Kranke vermehrt auf Sauberkeit achten und viel trinken. Einen Impfstoff gibt es nicht

taz: Herr Stark, warum kommt es gerade jetzt zu der Häufung von Infektionen mit dem Norovirus?

Klaus Stark: Das Norovirus ist sehr variabel und kann seine genetische Struktur äußerst schnell ändern. Es ist gut möglich, dass eine neue Virusvariante in der Bevölkerung dominiert, gegen die die Menschen noch nicht immun sind. Das Virus überlebt relativ lange, insbesondere auch bei kalten Temperaturen, wie sie jetzt herrschen. So kann es auf Gegenständen länger überleben, von wo aus es sich weiter verbreitet.

Wie wird das Virus übertragen?

Das Virus wird über Stuhl und Erbrochenes ausgeschieden. Daher sind Betreuungspersonen wie Altenpfleger oder Mitarbeiter in Krankenhäusern besonders gefährdet, die mit diesen Substanzen in Kontakt kommen. Aufgenommen wird es über Mund und Speiseröhre und vermehrt sich im Darm. Nach Kontakt mit infizierten Substanzen sollten deshalb gründlich die Hände gereinigt werden, bevor sie zum Mund geführt werden. Beim typischen schwallartigen Übergeben kann sich das Virus auch nebelartig in der Umgebung verteilen und so aufgenommen werden.

Wie lange dauert die Erkrankung?

Die Erkrankung beginnt schlagartig mit Erbrechen, Durchfall und Schwäche. In der Regel ist das akute Krankheitsstadium innerhalb von drei bis vier Tagen überstanden, kann aber sehr heftig verlaufen. Bei Personen aus Risikogruppen wie Kindern oder alten Menschen, die nur über ein schwaches Immunsystem verfügen, kann es auch deutlich länger dauern. In Einzelfällen kann die Erkrankung auch lebensbedrohlich sein. Unbedingt beachtet werden muss, dass der Erreger noch bis zu zwei Wochen nach Abklingen der Krankheitssymptome mit dem Stuhl und Erbrochenem ausgeschieden wird. Entsprechende Hygienemaßnahmen sind daher über diese Dauer unbedingt notwendig.

Was muss im Fall einer Erkrankung unternommen werden?

Wichtig ist, den durch Erbrechen und Durchfall entstandenen Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Auch der Salzhaushalt muss unter Umständen reguliert werden. Zum Arzt muss man nur bei schweren Verläufen, wenn man etwa zu einer der Risikogruppen gehört oder zu schwach ist, um den Flüssigkeitshaushalt selbst zu regulieren. Aufgrund der Variabilität des Virus gibt es weder Medikamente noch einen Impfstoff.

Wie ist die Infektionswelle insgesamt einzuschätzen?

Es hat überhaupt keinen Sinn, zu dramatisieren. Man muss mit aller Deutlichkeit dem Eindruck entgegenwirken, dass Noro ein Killervirus ist. Die Saison ist zwar stärker als die der Vergangenheit, aber alles andere als außer Kontrolle. INTERVIEW: NADINE KLEBER