Wenn Soldaten Brücken bauen

Die zivil-militärische Kooperation in Afghanistan mit Hilfe so genannter PRTs ist umstritten

BERLIN taz ■ Zivil-militärische Kooperation ist in Zeiten asymmetrischer Kriege Teil der strategischen Planung von Militärs. So erklärt auch die Bundeswehr auf ihrer Homepage, „warum das Reparieren eines undichten Schuldachs eine militärische Aufgabe sein kann“. Kämpfen allein genügt also nicht, „winning the hearts and minds“ ist die Devise, um mit den Worten der Amerikaner zu sprechen. In Afghanistan soll das mit Hilfe so genannter Provincial Reconstruction Teams (PRTs) geschehen, in denen zivile und militärische Kräfte Hand in Hand arbeiten. Ursprünglich hatten die Amerikaner das PRT-Konzept ersonnen, als der Antiterrorkampf immer weniger Erfolge zeigte und der Einmarsch im Irak eine stärkere militärische Präsenz in Afghanistan ausschloss.

Die PRTs, bestehend aus vielen Spezialtruppen und wenigen zivilen Ingenieuren, sollten einerseits Zellen der Aufstandsbekämpfung und militärischen Informationsgewinnung sein. Andererseits sollten sie mit Wiederaufbaumaßnahmen für Akzeptanz in der Bevölkerung werben. Die Trennung zwischen militärischer Operation und humanitärer Hilfe im zivilen Gewand ist klar aufgehoben. Was für die US-geführten PRTs Priorität hatte, erklärte ein amerikanischer Oberstleutnant so: „Je mehr sie uns helfen, die bösen Buben zu finden, umso mehr Gutes tun wir ihnen.“

Das deutsche Engagement in Form der Beteiligung an den PRTs war einer der Preise, den Berlin für seine Enthaltsamkeit im Irakkrieg zahlte. Nachdem die UN eine Erweiterung des Isaf-Mandats über Kabul hinaus beschlossen hatte, übernahm die Bundeswehr im Dezember 2003 das zuvor US-geführte PRT in Kundus. Im Oktober 2004 kam das PRT in Faisabad dazu.

Zivile Aktivitäten der deutschen PRTs unterstehen einem zivilen Chef, den das Auswärtige Amt stellt. Für Hilfsorganisationen ist die zivil-militärische Doppelstruktur der PRTs dennoch ein Feigenblatt, das nur dem Selbstschutz der Soldaten dient. Diese gerierten sich als Aufbauhelfer, indem sie „hier mal eine Brücke und da mal eine Wasserleitung“ bauten, kritisiert Thomas Gebauer von medico international. Er fürchtet auch um die Sicherheit ziviler Helfer: „Militär ist zum Töten ausgebildet und zur Herstellung von Sicherheit. Wenn das mit Wiederaufbauarbeit vermischt wird, werden auch zivile Wiederaufbauhelfer zur Zielscheibe.“

Bei der Welthungerhilfe (DWHH) lehnt man ebenfalls eine Koordinierung der Hilfe durch das PRT ab. „Wir fühlen uns da in keinster Weise eingebunden“, so Renate Becker, Regionalgruppenleiterin Südasien der DWHH. Den Vorwurf, dass die Vermischung von militärischen und zivilen Elementen eine destabilisierende Wirkung haben könnte, will sie zwar nicht erheben. Zu einer Verbesserung der Sicherheitslage habe die Existenz des PRT in Kundus aber auch nicht beigetragen.

Gisela Hayfa, Leiterin des GTZ-Büros in Kabul, hat generell Verständnis für eine zivil-militärische Zusammenarbeit. Diese sei „politisch gewollt und macht auch Sinn“ – etwa wenn es um Materialtransporte gehe. Grundsätzlich sieht aber auch Hayfa die Gefahr, dass die Bevölkerung möglicherweise nicht unterscheide, ob ihr Helfer Zivilist oder Soldat ist. Fatal für die zivilen Helfer könne auch sein, wenn Soldaten neutrale Fahrzeuge benutzten. Dass die GTZ-Mitarbeiter als zu nah am Militär wahrgenommen werden könnten und daher um ihre Sicherheit fürchten müssten, glaubt Hayfa nicht. Außerdem seien die deutschen Soldaten schließlich sehr beliebt in Afghanistan. ANETT KELLER