Haß auf alle Allüren

■ Uraufführung der komischen Oper „Der Impresario von Smyrna“ nach Carlo Goldoni im Theater im Zimmer

Die Atmosphäre gleicht dem Arbeitsamt, Abteilung Sangeskünste: Unsicher nimmt Primadonna Annina Poverone Platz. Nach und nach erscheint die Konkurrenz, argwöhnisch wird sich begutachtet. Schließlich verfallen die Wartenden in einen immer dissonanteren Fünferchor, bis Diener Giorgio es nicht mehr erträgt und das Schild „Sänger gesucht!“ abhängt – der Auftakt von Peter Lunds Komischer Oper Der Impresario von Smyrna nach Carlo Goldoni, die am Donnerstag im Theater im Zimmer uraufgeführt wurde.

Graf Lasca, ein klassischer Misanthrop, liebt die Oper, aber haßt die allürenbehafteten Sänger. Domestik Giorgio dient zur Inszenierung seiner Rache: Verkleidet als türkischer Fürst, lockt Giorgio mit einem Engagement in Smyrna, das gar nicht existiert.

Um diesen Fake kreist der zweistündige Versuch, der gegenwärtigen Musical-Monotonie mit der totgewähnten opera buffa entgegenzutreten. Auf einem klugen Bühnenbild von Christian Masuth, das fünf Portale hintereinanderreiht, aber mit Stuhl und Ottomane auskommt, schmettert das eitle Quintett sich gegenseitig Mißtöne an den Hals, als wolle es die Berechtigung für Lascas Unterfangen untermauern. Daß Lund die klischierten Typen Goldonis übernimmt, kommt der Komik zugute.

Das „Tragische“ am Existenzkampf der Sänger darzustellen, wie angestrebt worden war, mißlang allerdings. Wird das Elend des freien Marktes besungen, wenn Lasca im Verbund mit Giorgio die konkurrierenden Donnen von 3.000 auf 400 Zechinen herunterhandelt? Es blieb zu komisch, und was als gelungener Reanimationsversuch der Komischen Oper begann, verlor sich nun unter der Last unrealistischer Ansprüche. Nur einzelne Momente, etwa wenn die mimisch beeindruckende Katja Beer als Poverone ihr Souffleusen-Schicksal besang, ließen den Blick hinter die Fassade glaubwürdig erscheinen.

Lund versuchte, den Ernst der Sängerlage geballt ins Schlußbild zu verfrachten, in das man sich jedoch nicht recht fügen mag. Die getäuschten Sänger, von Graf Lasca verhöhnt, intonieren ein Klagesummen und verweigern so eine ihnen die Würde raubende Antwort. Als Kollektiv trotzen sie dem bösen Lasca, der seine läuternde Schuldigkeit getan hat. Fernab von jeder Tragik ein leiser Triumph in der Elegie, den Lasca – überzeugend dargestellt von Karl Maslo – nicht verdient hat. Folke Havekost