Blaublütig gefedert

■ Untergang der Schreibkultur gestoppt: Echter Graf eröffnet Füller-Schau im Hanse-Viertel Von Ludger Hinz

„Ein Vöglein zwitschert in den Zweigen; dem Dichter wird so schwül und eigen. Die Stirn umsäuseln laue Lüfte; es zuckt der Geist im Faber Stifte“, schon Wilhelm Busch besang ihn, auch Vincent Van Gogh, Max Liebermann und sogar Günter Grass würdigten ihn in ihren Werken: Den „Faber Castell“ benutzten sie als Synonym für den Bleistift, „das“ Schreibwerkzeug schlechthin. Mit der Zeit, mit reifender Technik und genügend Nachschub an Tinte gewann vor allem aber der Füllfederhalter an Bedeutung – besonders für die Zunft der Schriftsteller.

Und weil die Stifte-Firma Faber Castell um die Bewahrung der traditionellen Schreibkunst zutiefst besorgt ist, setzt sie sich, so teilt sie der Presse mit, „Jahr für Jahr für Persönlichkeiten ein, in deren Werk die Kultur des Schreibens besonders hervortritt“. Zusammen mit der Firma Montblanc zeigt Faber Castell vom 5. bis 17. September die „4. Internationale Füllfederhalter Ausstellung“ im Hanse-Viertel. Zu deren Eröffnung gab sich der Chef des größten Stiftherstellers der Welt, „seine Exzellenz“ Anton Wolfgang Graf von Faber-Castell, höchstselbst die Ehre und führte einige altertümliche Stücke eigenhändig vor. Zur Schau gibt–s auch eine Auktion und eine Sammelbörse mit allerlei kleineren Aktionen.

Praktischerweise präsentierte Montblanc gleichzeitig seine neue Kollektion von – Füllfederhaltern. Aus den Sammlerobjekten, wie den Modellen „Hemingway“ oder „Oscar Wilde“, ragt vor allem der Füller namens „Voltaire“ heraus. Er „fasziniert“ durch seinen schlichten, geradezu klassizistischen, in dezentem „Schwarz gehaltenen Korpus“, den ein sehr schmaler, feinziselierter Ring schmückt. Die Kappe trägt den in Voltaires Handschrift golden ausgelegten Namenszug. Dieses „extravagante Styling“, so war sich Frank Walenda von Montblanc sicher, werde den neuen Aufwärtstrend des Füllfederhalters manifestieren. „Je anonymer die Zeit, desto größer die Sehnsucht nach Individualität“, sinnierte Walenda.

Daß in der heutigen, schnellebigen Zeit kaum mehr jemand Briefe mit dem Füller schreibe, könnten wohl auch dessen Hersteller nicht ändern. „Aber viele“, resümiert der PR-Mann von Montblanc, „verleihen Briefen damit ihre persönliche Note“. Sofern sie denn mit der Orthographie umgehen können – und knapp 1000 Mark für eine Goldfeder übrig haben.