„Absolut seetüchtig“

■ Moruroafahrerin Wieczorek-Zeul zurück in Bonn im schwankenden SPD-Boot

Bonn (taz) – Vielleicht sind es ja nur die grellen Scheinwerfer der vielen Kamerateams, die Heidi Wieczorek-Zeul so blaß aussehen lassen. Wahrscheinlicher ist jedoch, daß die wochenlange Irrfahrt auf hoher See bei der stellvertretenden SPD-Vorsitzenden ihre Spuren hinterlassen hatte. Auch ihr Kollege Reinhard Schultz scheint von der Protestfahrt vor Moruroa schwer gezeichnet.

Eine solche Pressekonferenz hat die SPD schon lange nicht mehr erlebt. An die hundert Journalisten und 15 Kamerateams sind gekommen, um dem Bericht der beiden Atomkampfschiffer zu lauschen. Wer ist denn dafür verantwortlich, daß es Sie auf einen solchen Marmeladeneimer verschlagen hatte? heißt da eine Frage. Was sagen sie zu dem Vorwurf, sie hätten ihre Partei lächerlich gemacht? Ob die Vizechefin auf dem Mannheimer Parteitag nun ein schlechteres Abstimmungsergebnis erwarte? Doch solche Lappalien prallen an den beiden Gezeichneten spurlos ab. Heidemarie Wieczorek-Zeul scheint förmlich entschwebt in eine neue Welt, für den Bonner Betrieb unerreichbar: „Ach wissen Sie“, so die Geläuterte, „wenn man in Lebensgefahr schwebt, so wie wir beide, und dabei hilflos zusehen muß, wie eine ganze Region geschändet wird, da werden all diese sogenannten Probleme zwischen Bonn und Bad Godesberg plötzlich ganz klein.“

Die wichtigste Erfahrung war den beiden der Moment, als sie erfuhren, daß die Bombe gezündet worden war. Erschütternd sei das gewesen, auch die Reaktion der Bevölkerung. „Wer das erlebt hat, fühlt sich dieser Region in alle Zukunft hinein verpflichtet.“

So sei das Wichtigste auch gewesen, einfach Entschlossenheit zu demonstrieren und den Leuten zu zeigen, daß man auf ihrer Seite ist. Was ist dagegen heftiger Seegang auf einem Schipper in Seenot? „Ich war absolut seetüchtig“, verkündet Heidemarie Wieczorek- Zeul stolz, was Reinhard Schultz bestätigen kann: „Frau Wieczorek- Zeul ist als einzige nicht seekrank geworden. Sie ist in hohem Maße krisenfest“, versichert er charmant. Was Heidemarie zum ersten Mal etwas Farbe ins Gesicht treibt.

Und welche Aktionen haben die beiden für die Zukunft geplant? Ins Atomwaffenland China vielleicht, mit der Transsib? Wieczorek-Zeul will „die ein oder andere Aktion in dieser Richtung“ nicht ausschließen. „Unkonventionell“ soll es auf jeden Fall wieder sein. Volker Weidermann