"Die Antwort aus Rom wird ,nein+ sein"

■ Interview mit der Theologin Magdalena Bußmann über Chancen des Kirchenvolksbegehrens: "Bischöfe können sich liberaler verhalten."

taz: Frau Bußmann, nach dem Kirchenvolksbegehren sollen künftig Frauen als Priesterinnen arbeiten dürfen. Der Zölibat soll freiwillig sein. Die Kirche soll ihre rigide Sexualmoral aufgeben, soll die homosexuelle Liebe tolerieren und die Antibabypille billigen. Glauben Sie tatsächlich, der Klerus läßt das mit sich machen?

Magdalena Bußmann: Nein. Wenn unser Kirchenvolksbegehren wirklich bis Rom getragen wird, dann kommt von dort ein klares Nein. Aber wenn unser Votum eindeutig ist, wenn Hunderttausende hinter diesen Forderungen stehen, dann können sich die Bischöfe in den einzelnen Diözesen liberaler verhalten.

Welche Katholikin hält sich denn tatsächlich noch an diese rigide Sexualmoral?

Natürlich haben alle Menschen längst eigene Wege gefunden, um ihre Sexualität frei und verantwortlich zu gestalten. Was Rom sagt, ringt den meisten nur noch ein müdes Lächeln ab.

Warum dann das Kirchenvolksbegehren, wenn die Kirche sich eh nicht beeindrucken läßt?

Unsere Forderungen sind ja nicht neu. Letztlich sind sie seit dem zweiten Vatikanischen Konzil, also seit 1965, virulent. Doch herausgekommen ist bis heute nichts. Und Rom verhält sich inzwischen in allen Punkten rigider als früher. Dabei handelt es sich bei keiner unserer Forderungen um unumstößliche Dogmen oder Glaubenslehren.

Das Volksbegehren fordert an erster Stelle eine geschwisterliche Kirche und mehr Demokratie. Bischof soll werden, wer das Vertrauen des Volkes genießt, heißt es. Da rütteln Sie an den Pfründen der Macht.

Natürlich. Und diejenigen, die innerhalb der Kirche die Macht haben, sägen natürlich nicht an dem Ast, auf dem sie sitzen. Diese Oberhirten haben Angst vor Machtverlust, Angst, daß ihnen die Kirche aus dem Ruder läuft. Doch wenn sie die Menschen weiterhin wie Schafe behandeln, heißt das noch lange nicht, daß die sich auch weiterhin wie Schafe benehmen.

Sie selbst haben eigene Erfahrungen mit diesen Machtstrukturen gemacht und erhielten Berufsverbot. Warum engagieren Sie sich dennoch in der Kirche? Andere treten einfach aus.

Das kann ich sehr gut verstehen. Und ich fürchte, wenn das Kirchenvolksbegehren der berühmte Schuß in den Ofen wird, dann ist für viele Katholiken die Sache mit der Kirche gegessen. Aber für mich ist nicht die Kirche Ziel meines Engagements. Die ist mir ziemlich gleichgültig. Für mich zählt das Evangelium, und das wird von der Kirche verwaltet. Die Strukturen dieser Kirche sind nicht imstande, die befreiende und humane Botschaft des Evangeliums zu transportieren. Deshalb engagiere ich mich für eine Kirche, der es gelingt, das Evangelium menschlich und von allen sexistischen Ängsten und Sexualneurosen befreit zu verkünden.

Warum tun Sie das innerhalb der katholischen Kirche? Die evangelische verkündet auch das Evangelium.

Ich bin halt in der katholischen Kirche groß geworden. Das sind meine Wurzeln. Außerdem ist die evangelische Kirche letztlich auch nur eine Männerkirche. Und ich möchte nicht von einem Altersheim ins andere überwechseln. Interview: Karin Flothmann