Schenkelklopfende Hechte

■ Kampnagel: Gremliza und Küppersbusch im Promotiondoppel

Zumindest eines haben die beiden gemeinsam: Sie lesen Zeitungen ohn' Unterlaß. Hermann L. Gremliza, seit 20 Jahren Herausgeber der konkret, und Friedrich Küppersbusch, seit fünf Jahren Moderator von ZAK, gaben sich am Dienstagabend auf Kampnagel ein Stelldichein unter dem irreleitenden Titel Sehr gemischtes Doppel. Da die zwei Herren kaum mehr als fünf Minuten miteinander geredet haben, fehlte zur Mischung allerdings das Element der Gleichzeitigkeit.

Wäre ja auch ein Wunder, daß Gremliza nach so vielen Jahren guter Erfahrungen mit seiner selbstgewählten Einsamkeit auf dem konkret-Olymp plötzlich anfinge, in aller Öffentlichkeit mit anderen Menschen zu reden. Er könnte sich ja einer Diskussion aussetzen.

So geriet das Eingangsgeplänkel der beiden Medienhechte denn auch zu einem eher peinlichen, weil von jedem Hauch der Auseinandersetzung ungetrübten Pas de deux. Küppersbusch wollte seinen publikumsscheuen Verleger offenbar schonen, und Gremliza hatte ganz vergessen, was er von modernen Nachrichtenmagazinen – ach, allen anderen Medien außer seinem eigenen! – hält.

Im folgenden erzählte Küppersbusch Schwänke aus dem ZAK-Alltag und las aus seinem neuen Buch Bis hierhin vielen Dank (konkret-Literaturverlag) vor. Löblich engagiert, aufgeschlossen-selbstironisch und markant-charmant zeigte der 34jährige, was einen klasse Infotainer ausmacht, und ließ auch Karsten Emrich, seinen Mitherausgeber, auf die Bühne. Der Germanistik-und-Sport-auf-Lehramt-Student hatte für das Buch alle Moderationstexte mühselig aus dem ZAK-Archiv zusammengesucht und las nun vor, wie es ihm bei seiner Arbeit ergangen war.

Den leichten Ermüdungserscheinungen im vollbesetzten Saal trat Gremliza mit Dichtungen aus Ganghofer im Wunderland und anderen seiner Bücher entgegen, und schlagartig machte sich wohlgefällig-anregende Stammtischatmosphäre breit. Ein Schenkelklopfer jagte den nächsten: Die Emma-Redaktion perlweintrinkend in Paris, Alice Schwarzer optimistisch über den Frauenanteil im Bundestag, Monika Maron maulend gegen SED-Kader.

Um das Anliegen seiner Satire-Objekte ausreichend zu diffamieren, hob Gremliza seine Stimme auf ein trippelschrittiges Fisteln an: Hört ihr, wie unpolitisch, konsumbesessen und vergnügungssüchtig all die Weibsen sind?

Der einen wird vorgehalten, angesichts feministischer Sprachwandelbemühungen mit dem grammatischen Geschlecht ins Schleudern zu geraten. Wer ausschließlich in patriarchalen Kategorien denkt und spricht, dem kann das natürlich nicht passieren. Der anderen wird unterstellt, sie sei neidisch auf eine dritte, weil diese attraktiver sei. Schließlich war weibliche Kritik an Geschlechtsgenossinnen noch nie anders motiviert.

Küppersbusch nutzt seine Zeitungslektüre nicht nur dazu, Karriere zu machen, sondern in teils absurden, teils obszönen „Sprachumdrehungen“ wichtigen Menschen gemeine Fragen zu stellen. Gremliza bietet der Pressekonsum offenbar lediglich Anlaß zu teils eleganten, immer aber selbstgerechten, vom rhetorischen Schwung des linken Herrschaftswissens getragenen Stilkritiken. Das zumindest wird ihm die bürgerliche Presse bescheinigen: Sprachkritik war schon immer das einfachste Mittel, politischen Inhalten aus dem Wege zu gehen.

Ulrike Winkelmann