Noch ein Chipwerk in Dresden

Erfolg für Biedenkopfs Leuchtturm-Politik: Der US-Konzern AMD baut in Dresden ein neues Zweigwerk. Großzügige Subventionen  ■ Aus Dresden Detlef Krell

Wirtschaftsdezernent Rolf Wolgast (SPD) jubelt: „Dresden kann über sich selbst hinauswachsen!“ Der US-Elektronikkonzern Advanced Micro Devices (AMD) wird sein neues Chipwerk in Dresden errichten.

Konzernchef Jerry Sanders präsentierte das Weihnachtsgeschenk für Sachsens Landeshauptstadt: eine 2,8-Milliarden-Mark-Investition in erstklassiger Lage zwischen zwei Landschaftsschutzgebieten; Ende 1996 Baubeginn mit rund 3.000 Arbeitsplätzen auf der Baustelle und zwei Jahre darauf Produktionsstart für die ersten Mikrochips. Dann sollen 1.400 Fachleute bei AMD-Dresden arbeiten.

Fast zwei Jahre lang haben Stadt und Landesregierung bei AMD für Dresden geworben. Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) besuchte im September die Konzernzentrale im kalifornischen Sunnyvale, doch ihre Entscheidung hielten die Amerikaner bis gestern offen. Neben Dresden waren Standorte in Irland und Ostasien im Gespräch.

AMD, zweitgrößter Halbleiterproduzent der USA, will ab Ende 1998 in dem neuen Zweigwerk wöchentlich 6.000 Speicherchips herstellen und den Weltmarktanteil von 17 auf 30 Prozent erhöhen. Sanders versprach den Elbestädtern ein „europäisches Mikroprozessorenzentrum“, inklusive Entwicklungs- und Designzentrum .

Die Weichen für die Großbaustelle im Dresdner Norden sind damit gestellt. Gegen den Bauplatz hatten Bündnisgrüne und Naturschützer vergebens protestiert. AMD baut auf dem einzigen bisher noch nicht zersiedelten Wiesenstück zwischen Dresdner Heide und Moritzburger Teichen. Eva Jähnigen, bündnisgrüne Fraktionschefin im Dresdner Rathaus, wirft der Stadt vor, auf die Ansiedlungsbedingungen von High-Tech-Firmen gar nicht vorbereitet zu sein. Zwar werde gern über Dresden als Stadt der Mikroelektronik geredet, „doch wenn ein Investor kommt, beginnt das Krisenmanagement“. AMD hatte zwei Gewerbegebiete abgelehnt, weil diese direkt an Flughafen und Autobahn liegen ,und, wie schon Siemens, auf den „grünen“ Standort bestanden.

Nachdem erst vor wenigen Tagen ein neues Chipwerk der Siemens AG in Betrieb genommen wurde, kann Dresden sich nun mit AMD weiter zu einem ostdeutschen Mikroelektronik-Zentrum profilieren. Ein Erfolg für Biedenkopfs Leuchtturm-Politik, die auf Ansiedlung von High-Tech-Großunternehmen und deren „Ausstrahlung“ zum schwindsüchtigen sächsischen Mittelstand setzt. Bund und Land stellen 800 Millionen Mark aus Fördertöpfen bereit. Eine Bürgschaft von 1 Milliarde Mark teilen sich Bund, Land und Dresdner Bank. 4.000 Arbeitsplätze bei Zulieferern und anderen Firmen sollen langfristig rund um den US-Leuchtturm entstehen.

Argwöhnisch bleibt die Opposition: „Siemens und AMD kommen, der Mittelstand geht“, kommentierte die SPD in der Haushaltsdebatte die Schlagseite der sächsischen Förderpraxis. Biedenkopf dagegen lobte die Kraft der Großinvestoren nicht allein in Dresden: Weitere 700 Millionen Mark wolle der VW-Konzern in sein modernstes Zweigwerk, in Mosel bei Chemnitz, investieren. Damit würden „mehrere tausend“ Arbeitsplätze geschaffen. „Das sind doch die industriellen Kerne“, belehrte CDU-Fraktionschef Fritz Hähle die Sozialdemokraten, „von denen Sie immer sprechen.“