Autodieb trifft Autodieb

■ „Asphaltflimmern“: ein Film über Jugendliche auf Geschäftsreise

Coole Kids, Ausreißer und Autodiebe – da könnten sich Schubladen-Liebhaber freuen: „Es gibt sie also doch, die Generation X“ oder „authentische Darstellung der Crashkid-Szene“ würde wohl ihr Urteil zu Asphaltflimmern lauten. Und tatsächlich will der Hamburger Drehbuchautor und Regisseur Johannes Hebendanz mit seinem Filmdebüt die Lebensgefühle Jugendlicher veranschaulichen. Allerdings tut er dafür weit mehr, als nur eine Schublade aufzuziehen.

Einer der Protagonisten ist Gena: 12 Jahre, Rumäne, Eltern abgeschoben, Bruder im Flüchtlingsheim, Flüchtlingsheim angezündet. Während Gena ein Auto knackt, trifft er den dreizehnjährigen Micka. Der hat es auf dasselbe Objekt abgesehen, aber eigentlich will er andere Geschäfte machen. „Mit Immobilien. Kaufst'n großes Haus mit 'ner alten Oma drin, haust ihr eins auf die Glatze, verkaufst es wieder für ein Schweinegeld an irgendwelche Lehrer.“

Wie in einem richtig großen „Road Movie“ fliehen Gena und Micka gemeinsam, verfolgen gleichzeitig unbestimmte ideelle und materielle Ziele. Die junge Kellnerin Philippa, bei der die Jungen die Zeche prellen, gesellt sich dazu, und Schritt für Schritt, Auto für Auto schlägt sich das unfreiwillige Trio durch den deutschen Osten. Bald rückt die Beziehung zwischen den dreien in den thematischen Mittelpunkt: Ständig sind sie zusammen, ständig wächst ihre Zuneigung. Doch Freundschaft kommt für harte Typen wie sie nicht in Frage.

Witzig, direkt und häufig überraschen sind Dialoge wie Bilder. Da versammeln sich die Ausreißer einmal ganz gemütlich ums Lagerfeuer, doch statt auf Bänken sitzen sie auf Fernsehern. Und wenn Micka über Gena sagt: „Das ist doch bloß'n Kanake“, dann ist das gar nicht so böse gemeint. Überhaupt wollte Hebendanz die Ausländerproblematik nicht zu stark thematisieren. In einem Interview sagte er, er habe sogar Szenen zu diesem Problem gestrichen, als die ausländerfeindlichen Anschläge in der Realität zunahmen. „Zeitloser“ wollte er dadurch sein.

Weitere Drehbuchänderungen gab es, da in Asphaltflimmern ausschließlich Laiendarsteller spielen. Der Regisseur paßte die Dialoge ihren Möglichkeiten und Ideen an. So gibt sich niemand theatralisch oder abgeklärt, aber auch nicht unbeholfen – das Spiel ist einfach frisch und engagiert. Nachdem der bereits 1994 fertiggestellte Film das Prädikat „wertvoll“ sowie eine Reihe Preise erhalten hat, kommt er jetzt endlich ins Kino.

Nele-Marie Brüdgam

Ab heute, Alabama, 22.30 Uhr, am 1. 3. in Anwesenheit von Johannes Hebendanz