Schwitzfleck Gottes auf Erfolgskurs – England rastet aus! Können 500.000 Mike-Flowers-Pops-Fans sich irren?

Der Seitenscheitel in der Blondhaarperücke läßt es ebensowenig vermuten wie die Anzug-Hemd- Krawatte-Kombination: Bei Auftritten engagiert sich dieser Herr derart, daß sich in den Achselhöhlen auf dem schönen Anzugstoff Schweißflecken bilden. Er hört auf den Namen Mike Flowers und singt, komponiert, arrangiert und dirigiert, als könne seine Studioadresse gar nicht anders heißen als „1416 North La Brea Avenue“.

Aber Mike Flowers ist nicht Herb Alpert. Und er lebt hier und heute unter uns beziehungsweise in London. Trotzdem sind seine Popsongs in originalem Easy-Listening-Sound mit Orchester – eben den Mike Flowers Pops – und dazugehörigen weiblichen Chorstimmen aufgenommen. Das Chor-Damen-Trio trägt den glanzvollen Namen „Sound Superb Singers“.

The Mike Flowers Pops interpretieren in erster Linie Coverversionen. Daß es ihnen nicht verübelt wird, sich an Heiligtümern der Rockmusik wie etwa Velvet Undergrounds „All Tomorrow's Parties“ und modernen Popklassikern wie Björks „Venus As A Boy“ zu vergreifen, liegt daran, daß wahrhaft Liebenden nichts verübelt werden kann. Mike Flowers liebt Pop, dessen ist man sich auch beim britischen Popmusikmagazin ME ganz sicher.

Das große Vorbild des „Son of God“ (wie eine seiner Eigenkompositionen heißt) Mike Flowers ist mit großer Wahrscheinlichkeit Burt Bacharach. Nicht nur, daß dieser in Zusammenarbeit mit seinem Texter Hal David in unzähligen Hits (unter anderem „A Little Prayer“ für Aretha Franklin, „What's New Pussycat“, mit dem Tom Jones weltberühmt wurde, „Raindrops Keep Fallin' On My Head“ u. v. m) das Thema Liebe auf eben diese sehnsuchtbetonende Weise handhabte. Burt Bacharach war auch einer der letzten Meister der „schönen“ Melodie, was insbesondere in weniger ausgeschmückten Interpretationen seiner Songs durch Orchesterleiter wie Percy Faith oder Bert Kaempfert, Bandleader wie Sergio Mendes und das perfektionistischste und trotzdem charmanteste Duo des Popmusikgeschichte, die Carpenters, zur Geltung kam.

Aber die Musik der Mike Flowers Pops ist nicht nur voll Liebe zu der Auffassung, die man zu einer bestimmten Zeit von Popsongs hatte, zu Gesten, Inszenierungen, zu Pop, sie hat auch Humor. Seine Single „Wonderwall“, eine Coverversion des gleichnamigen Erfolgstitels der Britpop-Band Oasis, hat sich in England in den letzten Monaten über 500.000mal verkauft. Mike Flowers' Kommentar: „For anyone who bought the original, I hope you kept your receipt ...“ Jochen Bonz/Foto: NME