Devisen, Kunst etc.
: 20 Prozent Finderlohn

■ Der Rückkauf von „Beutekunst“ kann teuer werden – es gilt der Marktwert

Die Stadt Frankfurt (Oder) vermißt 111 Mosaikfenster. Sie wurden im 14. Jahrhundert in die St. Marienkirche eingebaut und liegen seit dem Abtransport durch sowjetische Soldaten 1945 im Keller der Eremitage in Petersburg. Trotz Duma-Beschluß hofft der Oberbürgermeister Wolfgang Pohl, die Fenster bis zum 700jährigen Stadtjubiläum im Jahre 2003 zurückzubekommen. Wenn aber der von der Duma verabschiedete Gesetzesentwurf alle weiteren parlamentarischen Hürden nehmen sollte – danach sieht es aus – dann muß Frankfurt für seine Fenster tief in die Stadtkasse greifen. Denn für Kulturgüter, die religiösen Organisationen gehört haben oder religösen Zwecken dienten, sieht der Gesetzesentwurf Ausnahmeregelungen vor – die auf Deviseneinnahmen setzen: 1. Frankfurt (Oder) muß die Regierung in Bonn dazu bewegen, innerhalb von 18 Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes einen Rückgabeantrag an die russische Regierung zu stellen. Denn Ansprüche kommunaler Organe oder gar Privatleute werden nicht mehr entgegengenommen. 2. Über den Rückgabeantrag – und zwar über jeden einzelnen, speziellen Fall – entscheidet ein neu zu schaffendes Gremium, der „Bundesdienst Rußlands zur Erhaltung von Kulturgütern“.

3. Sollte dem Rückgabeantrag trotz dieser Hürde entsprochen werden, muß die Bundesregierung für die Lagerungs-, Begutachtungs- und Identifizierungskosten der Fenster aufkommen. Über 50 Jahre Aufbewahrung in der Eremitage können teuer werden.

Und 4. muß obendrein die Bundesregierung an Rußland 20 Prozent des heutigen Wertes Finderlohn zahlen. Sie kann sich dann das Geld von Frankfurt (Oder) wiederholen.

Aber wie teuer sind Fenster aus dem 14. Jahrhundert? Wie hoch ist der Marktwert der Bibliothek von Graf Pückler-Muskau, zusammengestellt im 18. Jahrhundert, die sich angeblich teilweise in der Moskauer Rudomino-Bibliothek befinden soll? Oder die historische Spielkartensammlung aus dem Brandenburger Museum?

Oder die Kunstschätze, die die Nazis den Emigranten und Juden in Deutschland oder den Besiegten in den besetzten Ländern stahlen und die dann ab 1945 ein zweites Mal gestohlen wurden? Wie zum Beispiel die Sammlung Koenigs aus den Niederlanden.

Für Privatsammlungen, Wohltätigkeitsorganisationen, kommunale Museen, von den Nazis enteignete Widerstandskämpfer und rassisch Verfolgte sollen die gleichen absurden Ausnahmeregelungen gelten wie für die Kirchen.

Auch wenn die Kulturgüter, wie die Bücher von Graf Pückler, individuell von plündernden Soldaten abgeschleppt wurden. Nur Schätze wie das „Gold von Troja“, die die „Trophäenkommission“ im Auftrag Stalins „kriegsbedingt verlagerten“, werden mit dem geplanten Gesetz offiziell zum „Eigentum“ Rußlands. Es sei denn, Deutschland hätte das Gold bis zum Stichdatum 1. 2. 1950 zurückgefordert. Oder Ungarn seine von den Nazis arisierten und von den Sowjets einkassierten Schätze zum 15. 9. 1948. Anita Kugler