Ein Prozeß mit kleinen Prominenten

Unter Polizeischutz und großem Andrang begann gestern der Prozeß gegen Sachsens ersten farbigen Polizisten Sam Njankono Meffire, den Bordellkönig Felix Fischer und weitere Angeklagte  ■ Aus Dresden Detlef Krell

Die Strumpfmasken bleiben nun doch im Beutel. Draußen patrouillieren Polizisten in kugelsicheren Westen und mit umgehängter Maschinenpistole, drinnen eskortieren sie die Besucher von der Leibesvisitation bis in den Saal. Verschärfte Sicherheitswacht gestern im Dresdner Landgericht.

Eigentlich wäre die zur Verhandlung stehende Serie von Raubüberfällen, so brutal-dilletantisch wie sie durchgezogen wurde, diese ganze Aufregung gar nicht wert. Alle acht Angeklagten verbüßen Haftstrafen oder sitzen in U-Haft. Doch die Hauptrollen in dem gestern aufgerufenen Reality- Krimi sind prominent besetzt.

Auf der Anklagebank sitzen sich diagonal gegenüber der als „sächsischer Vorzeigepolizist“ bundesweit bekanntgewordene Sam Njankono Meffire und der zumindest im Raum Dresden als „Bordellkönig“ eingeführte Münchner Felix Fischer.

Zwei Afrodeutsche: Das jugendliche Gesicht des einen warb 1992 auf einem PR-Poster der Sächsischen Zeitung für Toleranz, als es besonders in Sachsen zu ausländerfeindlichen Krawallen kam. Das etwas verlebtere Antlitz des anderen tauchte öfter in der Boulevardpresse auf als Beleg für die „Dresdener Rotlichtszene“. Die beiden lernten sich kennen, als Sam Meffire noch bei der Polizei diente. Dann machten sie gemeinsame Sache. Und schließlich packte U-Häftling Meffire umfassend über die Größen des Milieus aus. Als er daraufhin anonyme Morddrohungen bekam, wurde er in das Zeugenschutzprogramm des Landeskriminalamtes aufgenommen.

Den Angeklagten wird vorgeworfen, in jeweils unterschiedlicher Besetzung ein Rentner-Ehepaar, ein Bordell, eine Nachtbar und eine Postfiliale überfallen und beraubt zu haben. Bei den Rentnern erbeuteten die Täter nur einen nutzlosen Tresorschlüssel, in der Bar 8.000 Mark, bei der Post 50.000 Mark. Das Bordell sollte in Fischers Auftrag um 80.000 Mark erpreßt, am Ende des bewaffneten Überfalls auf Fischers Konkurrenten konnten aber lediglich 1.300 Mark aus der Tageskasse geplündert werden. Sam Njankono Meffire war bei jeder Tour dabei.

Rund 60 Prozeßbeobachter sind gekommen. Bevor der Hauptangeklagte hereingeführt wird, liegt erwartungsvolle Stille im Raum, als ob hier ein Oscar-Preisträger auftreten sollte. Nach einer angemessenen Verzögerung von 15 Minuten öffnet sich die Tür, die sonst dem Gericht vorbehalten ist. Die Zuschauer erheben sich von ihren Plätzen: „Das ist er!“ Ein Hüne mit Baseballkappe und Sonnenbrille.

Der 26jährige antwortet überlegt und pointiert. Richter Rainer Lips läßt sich auch die seit Meffires spektakulärer Flucht nach Zaire von der Presse verbreiteten Klischees erklären. Nein, stellt Meffire klar, er sei von dem damaligen sächsischen Innenminister Heinz Eggert (CDU) nicht begünstigt worden. Man habe sich aber öfter privat getroffen. Ja, er sei im Polizeidienst mal über die Stränge geschlagen, doch mit unkonventionellen Ideen am „verknöcherten Polizeiapparat“ gescheitert.

Also quittierte er den Dienst, um gleich wieder an den Start zu gehen: Der ehemalige Polizist und ehemalige Kanute Sam Meffire gründete seine private Sicherheitsfirma „Omega“. Ausgerechnet vom Bordellking ließ er sich die „Anschubfinanzierung“ geben: Einen Pkw und ein Funktelefon.

Begeistern läßt sich Sam Meffire schnell, und offenbar ebenso schnell hat er die Schnauze voll, wenn ihm der Alltag zu langweilig wird. Mehrmals in seinem Vortrag ist von „Projekten“ die Rede: Als Streetworker für rechte Jugendliche hat er gearbeitet, Behinderte hat er betreut, seinen Kollegen bei der Polizei ist er mit Projektideen auf die Nerven gegangen, und auch „Omega“ war ein Projekt – das nebulöseste und verhängnisvollste. Darüber will er nun in seinem vorerst auf neun Verhandlungstage angesetzten Prozeß aussagen.