Sieg der Vernunft

■ Bergarbeiterproteste zeigten Wirkung

Dieser Sieg der Bergarbeiter wiegt schwer. Es ist ihnen und ihrer Gewerkschaft IGBE, deren Funktionäre zum Teil zum Kampf getragen werden mußten, gelungen, der gesellschaftlichen Vernunft zum Durchbruch zu verhelfen. Nicht der bornierte Kampf um jeden Arbeitsplatz bestimmte dabei ihr Handeln, sondern es ging der IGBE um eine gesamtgesellschaftliche Lösung, die ihr selbst viel abverlangt.

Schon vor Monaten hatte die IGBE- Führung signalisiert, daß sie eine Halbierung der Beschäftigtenzahl im Bergbau bis zum Jahre 2005 auf rund 45.000 mittragen würde, wenn der Abbau ohne betriebsbedingte Kündigungen organisiert und finanziell abgesichert werde. Mit der gestern erzielten Einigung läßt sich dieses Ziel realisieren. Das ist für die Bergleute und die betroffenen Regionen gleichermaßen bedeutsam. Kurzfristige Strukturbrüche werden so vermieden, und die unvermeidliche Schrumpfung kann sich weiter im Gleitflug vollziehen.

Daß die öffentlichen Milliarden auf eine Subventionierung pro Bergmann in Höhe von 130.000 Mark hinausliefen, ist ohnehin eine Milchmädchenrechnung. Tatsächlich hängt von jedem Arbeitsplatz im Bergbau mindestens ein weiterer ab. Darüber hinaus wird ein Teil des Geldes zur Behebung der ökologischen Erblasten verwandt. Kosten also, die auch dann noch anfallen werden, wenn es keinen einzigen Bergmann mehr geben sollte. Ohne eigenen Bergbau dürfte es zudem der deutschen Bergbauzulieferindustrie schwerfallen, ihre Position auf dem Weltmarkt zu halten. Rechnet man dann noch die Kosten der Arbeitslosigkeit hinzu, dann wird deutlich, daß die Rechnung der FDP-Führung und der süddeutschen CDU-Länderchefs, öffentliche Mittel durch einen radikalen Stillegungskurs zu sparen, einer reinen Luftbuchung gleichkommt. Die Beschneidung des Schlechtwettergeldes hat gerade erst gezeigt, wie man durch Kürzungen Mehrausgaben produziert. Auch deshalb ist der jetzt gefundene Kompromiß vernünftig.

Nimmt man das Angebot von Klaus Zwickel zu einem Bündnis für Arbeit hinzu, dann wird deutlich, daß die wahren Blockierer in dieser Gesellschaft in der Bonner Regierung und in den Unternehmerverbänden sitzen. Läßt man die gewähren, kommt nichts als klassische Klientelpolitik dabei heraus. Walter Jakobs