China und Clinton – eine gute Partie

Wie käuflich ist die US-Politik? Die Wahlkampfhilfen aus Peking für die Demokratische Partei von Bill Clinton werden zum Skandal. Nun beginnen detaillierte Untersuchungen  ■ Aus Washington Andreas Rostek

Hat die Regierung von China versucht, auf US-Politiker Einfluß über Wahlkampfspenden zu nehmen? Bisher ist in der US-Öffentlichkeit nicht viel mehr bekannt als dieser Verdacht. Aber die Geschichte führte bereits zu einem unschönen Streit zwischen Weißem Haus und FBI. Präsident Clinton sagte Anfang der Woche vor der Presse: Nein, er habe von dem Verdacht des FBI in Sachen China nichts erfahren. Und er wisse auch nicht, warum er nichts erfahren habe. Zwar wurden zwei Beamte seines Nationalen Sicherheitsrates im Weißen Haus schon Mitte letzten Jahres vom FBI informiert – aber das FBI habe die beiden aufgefordert, die Informationen für sich zu behalten. Keine zwei Stunden später widersprach die FBI- Spitze: Nein, niemand im Weißen Haus sei aufgefordert worden, Informationen nicht nach oben weiterzuleiten.

Am nächsten Tag versuchten beide Seiten, die Wogen zu glätten. Es sei alles ein Mißverständnis auf unterer Ebene. Der unschöne Eindruck blieb: Eine fremde Macht versucht möglicherweise, mit illegalen Mitteln auf die USA Einfluß zu nehmen, und weder der Präsident noch sein Sicherheitsberater erfahren etwas.

An die Öffentlichkeit brachte den China-Verdacht Bob Woodward von der Washington Post, der sich mit seinen Watergate-Recherchen einen Namen gemacht hat. Ihm zufolge wurden vor den letzten US-Wahlen in der chinesischen Botschaft in Washington Spendenaktionen zugunsten der Demokraten ausgeheckt. Die Gelder sollten über Firmen mit chinesischen Besitzern oder chinesischer Beteiligung laufen. Diese Erkenntnisse brachten das US-Justizministerium im vergangenen Dezember dazu, genauere Ermittlungen anzustellen. Danach war von einem chinesischen „Plan“ die Rede, für Einflußnahme rund zwei Millionen Dollar auszugeben, und zwar seit Anfang 1995.

Ein Sprecher der chinesischen Botschaft dementierte. Und in Peking wurde der US-Geschäftsträger ins Außenministerium einbestellt: die Presseberichte seien „bösartige Machwerke“.

Inzwischen war in Washington bekannt geworden, daß das FBI bereits im Juni 1996 sechs US- Kongreßmitglieder zum vertraulichen Gespräch gebeten hatte. Ihnen wurde eröffnet, sie seien von China als Empfänger illegaler Spenden auserkoren worden. Unter den sechs war auch ein Mitglied des Senats-Unterausschusses, der für China zuständig ist.

Die Ermittlungen des FBI richten sich nun gegen mehrere Geschäftsleute – und Spender – asiatischer Herkunft. Da sind vor allem John Huang, Charlie Trie und Pauline Kanchalanak.

John Huang aus Taiwan machte bemerkenswerte Karrieresprünge: Zunächst arbeitete er für die indonesische Lippo-Gruppe, die weitreichende Geschäftsinteressen in China pflegt. 1994 nahm Huang gut 750.000 Dollar als Abfindung und bekam einen Job im US-Handelsministerium, zuständig für Asien. Von dort wechselte er im Dezember 1995 zur Demokratischen Partei und wurde einer ihrer erfolgreichsten Spendensammler.

Charlie Trie ist ein Freund Clintons aus Arkansas. Zu einem Kaffeeklatsch mit dem Präsidenten im Weißen Haus brachte Trie im letzten Jahr einen chinesischen Waffenhändler mit. Trie sammelte auch rund 640.000 Dollar für Clintons Rechtshilfe-Fonds. Kaffee- Besuch brachte auch Pauline Kanchanalak mit ins Weiße Haus: Die Lobbyistin aus Thailand stellte Clinton drei Geschäftsleute eines chinesisch-thailändischen Unternehmens vor. Kanchanalaks Spende an die Demokraten: gut 250.000 Dollar, angeblich von der Schwiegermutter.

Vor der Presse sagte Präsident Clinton Anfang der Woche zu dem China-Verdacht: „Das ist eine sehr schwerwiegende, aber unbewiesene Behauptung. Und soweit ich weiß, ist es nur das.“ Tatsache ist aber, daß die Demokratische Partei Clintons inzwischen rund drei Millionen Dollar Spenden zurückgegeben hat, wegen „unklarer Herkunft“. Die Demokraten sind also wegen ihres Geschäftsgebarens bei der Spendenbeschaffung unter Dauerbeschuß. Betroffen ist auch das Weiße Haus: Großspender wurden mit schöner Regelmäßigkeit zum Kaffee oder sogar ins historische „Lincoln-Schlafzimmer“ beim Präsidenten geladen. Obwohl in Regierungsgebäuden verboten, wurde mindestens eine Großspende auch direkt im Weißen Haus übergeben – Hillary Clintons Bürochefin nahm einen Scheck über 50.000 Dollar an. Hier schließt sich möglicherweise ein Kreis: Der Spender ist eine weitere Schlüsselfigur in den China-Ermittlungen – Johnny Chung aus Taiwan. Er ging im Weißen Haus rund fünfzigmal ein und aus, ohne offiziellen Job und obwohl ein Beamter des Nationalen Sicherheitsrates vor ihm warnte. Chung, der Fotos „Chung mit Clinton“ herumzeigte, zählte ebenfalls zu den Großspendern (366.000 Dollar).

Am Dienstag nun setzte der US- Senat einen Untersuchungsausschuß ein. Er soll die Spendenpraxis im Wahlkampf für Präsidentenamt und Kongreß auf „illegale und unlautere Aktivitäten“ durchleuchten. Das wird eine Menge Arbeit: Nach Schätzungen flossen rund 2,6 Milliarden Dollar in die Wahlschlacht 1996. Einen, der bereits die nächste Präsidentschaft im Auge hat, erwischte die Spendenaffäre ebenfalls: Clinton-Vize Al Gore, bislang im Ruf eines Saubermanns. Er ging von seinem Amtszimmer aus auf Spendersuche – obwohl nicht erlaubt – und entschuldigte sich hinterher, er habe ja eine Telefonkarte der Partei benutzt. Mit dem China-Verdacht hatte das wohl nichts zu tun. Trotzdem trifft es ihn wahrscheinlich nächste Woche – dann reist Gore offiziell nach Peking.